Paradox Wie kann das sein? So viele Autos wie nie auf Bielefelds Straßen

Bielefeld Immer mehr Autos drängeln sich auf Bielefelds Straßen. &bdquo;Zeit Online“ hat in der vergangenen Woche eine Berechnung vorgelegt, wonach sich der Bestand der in Bielefeld zugelassenen Pkw in den vergangenen fünf Jahren um 6,2 Prozent auf 530 je 1000 Einwohner erhöht hat. Nach Angaben der Stadt waren Ende vergangenen Jahres 179.000 Pkw angemeldet. Beim Gesamt-Krafttfahrzeugbestand, also einschließlich Lkw und anderer Nutzfahrzeuge, wurde die 200.000-Marke geknackt, waren 203.000 Fahrzeuge registriert. Gleichzeitig bekommt die Stadt beim öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ordentliche, aber keine hervorragenden Noten. Der Thinktank Agora Verkehrswende hat in diesem Jahr ermittelt, dass in Bielefeld auf alle Fahrten im ÖPNV im Schnitt ein Takt zwischen 15 und 30 Minuten angeboten wird. Nach Schulnoten entspräche dies einem &bdquo;befriedigend plus.“ &bdquo;Zeit Online“ hat auch ausgerechnet, wie viele Pkw in Bielefeld privat genutzt werden. Ihre Zahl liegt bei 462 je 1000 Einwohner. Der Anteil ist im Fünf-Jahres-Vergleich ebenfalls noch einmal deutlich um 4,3 Prozent zugelegt. 4,3 Prozent mehr private Pkw seit 2017 Nach der Untersuchung ist es in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren keiner Großstadt und keiner Region gelungen, den privaten Kfz-Bestand zu senken. Eine Stagnation ist allenfalls in den Metropolen München (plus 0,2 Prozent) und Leipzig (plus 0,6 Prozent) festzustellen. Den niedrigsten privaten Pkw-Bestand gibt es in Berlin, aber auch dort mit deutlich steigender Tendenz. Für Bielefeld lohnt ein Vergleich mit benachbarten Großstädten. In Osnabrück kommen 447 private Pkw auf 1000 Einwohner (plus vier Prozent), in Münster 398 (plus 2,7 Prozent). In Bielefelds Nachbarkreisen ist der Anteil privater Pkw deutlich höher. Der Kreis Herford zählt 602 private Pkw je 1000 Einwohner (plus 4,5 Prozent), der Kreis Gütersloh 578 (plus 4,6 Prozent) und Lippe 589 (plus 4,6 Prozent). Dass in den Flächenkreisen der Pkw-Anteil höher liegt als in den Großstädten, hängt unmittelbar mit dem Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs zusammen. Das ist in ländlichen Regionen in der Regel deutlich schwächer, mehr Menschen sind aufs Auto angewiesen. Wichtig ist auch der Blick auf die Bevölkerungsstruktur. In Münster etwa gibt es noch deutlich mehr Studierende als in Bielefeld. Und die meisten von ihnen verfügen nicht über einen eigenen Pkw. Das senkt die Gesamtzahlen. Die Statistikstelle der Stadt Bielefeld hat auch aufgeschlüsselt, wie sich die Antriebsarten verteilen. Danach sind in der Stadt 3589 Elektrofahrzeuge angemeldet, knapp 54.000 Pkw mit Dieselmotor und 112000 Benziner. Nur zwei Prozent sind also saubere Stromer. &bdquo;Mit einem gut ausgebauten Nahverkehr können Kommunen durchaus dazu beitragen, die Autodichte niedrig zu halten“, zeigt die Analyse von &bdquo;Zeit Online“. An Orten, wo viele Busse und Bahnen fahren, seien tendenziell weniger Pkw pro Einwohner zugelassen. 15-Minuten-Takt beim ÖPNV Da kommt wieder die Analyse von Agora Verkehrswende ins Spiel. Damit die Angaben zur Fahrtendichte nicht durch Wälder oder Ackerflächen innerhalb der Stadtgrenze verzerrt werden, wurden alle Abfahrten und Ankünfte in Bielefeld auf die Siedlungs- und Verkehrsfläche umgelegt. So erklärt sich die Kategorie &bdquo;Fahrten je Quadratkilometer bebauter Fläche“. Die liegt in der Stadt bei 560 Fahrten am Tag. Das entspricht überschlägig knapp einem 15-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit und an allen Haltestellen. Auch hier lohnt ein Vergleich mit den Nachbarstädten Osnabrück und Münster. Die niedersächsische Großstadt kommt auf 604 Fahrten, der westfälische Nachbar Münster auf 514. Trotz Klimakrise steigen die Fahrzeugzahlen in Bielefeld weiter an. Die angestrebte Klimaneutralität rückt damit aber in weite Ferne. Auch hierzu macht Agora Verkehrswende eine Aussage. Die Elektrifizierung des Autoverkehrs allein reiche nicht aus. Mindestens ein Drittel des heutigen Straßenverkehrs müsse perspektivisch auf energieeffizientere und klimaverträgliche Verkehrsmittel verlagert werden. Bis 2030 müsse die Nachfrage im Öffentlichen Personennahverkehr daher um mindestens 60 Prozent gegenüber dem Niveau vor Corona wachsen.

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