Lesungen im November Spiegel-Bestsellerautorin aus Bielefeld stellt neuen Roman vor

Bielefeld. Das Verschwiegene und Verdrängte im scheinbar normalen Alltag ist ein Fokus, in den die Bielefelder Schriftstellerin Mechtild Borrmann gerne ihre Werke rückt. Wenn die Spuren zudem in die Zeit des Zweiten Weltkriegs- oder in die Nachkriegszeit reichen, ist sie in ihrem künstlerischen Element. Grundlage des Interesses ist die Psychologenerkenntnis, dass sich Traumata an die nächste Generation weitervererben, manchmal an die übernächste. &bdquo;In vielen Familien ist wohl über das Historische, nicht aber über konkrete Erlebnisse der Mitglieder gesprochen worden“, sagt sie. Unverarbeitete Gräuel, Traumata und Glaubenssätze verschwinden aber nicht von selbst. Auch der neue Roman der 62-Jährigen, der den Titel &bdquo;Feldpost“ trägt, blickt tief in die Vergangenheit und Seelen ihrer Figuren, die Borrmann mit sensiblem Gespür in detailreicher, schnörkelloser Sprache und nach intensiver Beobachtung zeichnet. Vielleicht sind sie auch deshalb so nachvollziehbar, weil die Realität Pate steht. In &bdquo;Feldpost“, das am 2. November im Droemer-Knaur Verlag erscheint, verschränkt die Spiegel-Bestseller-Autorin eine tragische Schuld, bitteren Verrat und eine unmögliche Liebe in Zeiten des Zweiten Weltkriegs &bdquo;zu einem großen deutschen Roman“, heißt es in der Verlagswerbung. Für spannende Handlungsstränge ist gesorgt Grundlagen für den Plot sammelte Borrmann schon 2019 im Deutschen Tagebucharchiv in Emmendingen: &bdquo;Dort hat man das Gefühl, man dringt in gelebtes Leben ein.“ Hier, wo Tausende Tagebücher – vom Almanach aus dem Jahr 1760 bis zum modernen Diary von 2020 – lagern, fand sie das Gerüst für zwei Liebesgeschichten. Diese sind tragisch miteinander verwoben und geraten mittels der titelgebenden Feldpostbriefe im Jahr 2000 &bdquo;auf Wiedervorlage“. Am Beginn der Geschichte steht ein Hausverkauf 1937 zu einem symbolischen Preis. Für den Eigentümer, einen Hitler-Kritiker, wird der Boden in Deutschland zu heiß, Käuferin ist eine befreundete Familie. Doch zu der vereinbarten Rückgabe der Villa kommt es nicht, eine wichtige Rolle im Kontext der NS-Zeit spielen die erwachsenen Kinder der beiden Hauseigentümer und deren Verbindung. Amouröse Verwicklungen, Homosexualität in menschenfeindlichen Zeiten, ein irregeleitetes Kalkül und dessen tragische Folgen – für spannende Handlungsstränge ist gesorgt. Mechtild Borrmann führt diese Fäden am Ende zu einer Auflösung zusammen, zwischendurch hält sie die Leser in der Schwebe. Allerdings sei sie &bdquo;keine Freundin von Happy Ends. Ein bisschen Realität darf ruhig dabei sein“, beantwortet sie die entsprechende Frage. "Meine Figuren sitzen mit mir am Frühstückstisch“ Wie schon in anderen Werken (&bdquo;Trümmerkind“, &bdquo;Die Geigerin“) transferiert sie Ausläufer der Geschichte in die heutige Zeit. Auch in ihrem Kriminalroman &bdquo;Wer das Schweigen bricht“, für den sie 2012 den Deutschen Krimipreis erhielt, geht die Autorin den verschwiegenen Kriegserlebnissen einer Generation nach. Erfahrung und der sensible Blick für unterschiedliche Charaktere sammelte sie in verschiedenen Berufen. Kraft tankte sie in einer 18-monatigen Auszeit auf Korsika 1994/95: Die gebürtige Kölnerin arbeitete, bevor sich der Schreiberfolg einstellte, u.a. als Erzieherin, Tanz- und Theaterpädagogin, pädagogische Mitarbeiterin in der Drogenberatung. Von 2003 bis 2009 führte sie das Restaurant &bdquo;Zum Raben“ in der Bielefelder Altstadt. Auch wenn sie längst vom Schreiben leben kann, profitiert die Autorin doch von ihren vielfältigen Erfahrungen mit Menschen und von der Disziplin eines getakteten Arbeitstags: Mit dem Schreiben wird nicht gewartet, bis die Muse sie küsst – Borrmann hat täglich feste Bürozeiten. Zentraler Aspekt bleibt die Figurenentwicklung: &bdquo;Eigentlich schreibe ich Lebensläufe. Wenn ich eine Geschichte im Kopf habe, sitzen die Figuren mit mir am Frühstückstisch“, berichtet sie von intensiven Produktionsphasen. Die Story entwickele dann eine Eigendynamik. Ist das Buch gedruckt, brauche sie &bdquo;zwei bis drei Monate, um alle Figuren wieder los zu werden.“ Zeit für die Lesereise (siehe Infokasten). Allzu viel Zeit kann sich selbst eine Bestseller-Autorin nicht mit dem nächsten Werk lassen: &bdquo;Wer zwei bis drei Jahre nicht am Markt war, ist fast vergessen.“ Ende 2024 also soll schon das nächste Buch erscheinen. Lesungen in der Region Mechtild Borrmann wird in diesem Herbst einige Lesungen aus &bdquo;Feldpost“ in der Region halten. Im November ist sie an folgenden Orten, darunter zweimal in Bielefeld:Oerlinghausen: 3. November, 19.30 Uhr, Gemeindehaus St. Michael; Werther: 9. November, 19.30 Uhr, Timms Einrichtungshaus; Bielefeld: 10. November, 20 Uhr, Scala Brackwede (für Buchhandlung Klack); Lübbecke: 16. November, 20 Uhr, Schäppchen; Bielefeld: 23. November, 20 Uhr, CVJM-Haus, Jöllenbeck.

Mehr zum Thema