Verkehrssicherheit Ungewöhnliches neues Fahr-Training in Bielefeld: So funktioniert es

Bielefeld. Wenn sich Unfälle mit älteren Autofahrern ereignen, dann hört man schnell die Forderung, dem Verursacher sofort den Führerschein abzunehmen. Auch beim Verkehrsgerichtstag in Goslar werde fast jedes Jahr eine verpflichtende Verkehrssicherheitsprüfung für Ältere gefordert. Tatsächlich sind laut Wolfgang Aubke, Vorsitzender des Seniorenrates in Bielefeld, bei Unfällen, an denen Fahrer über 65 Jahren beteiligt sind, in drei Viertel der Fälle die Senioren schuld. Um hier präventiv einzugreifen, hat der Seniorenrat zusammen mit der Verkehrswacht ein spezielles Programm aufgestellt. Denn objektiv gebe es keinen Grund für solche Forderungen. Das Gesamtunfallgeschehen treiben laut den Statistiken vor allem die jungen Fahrer nach oben. Die Senioren sind vergleichsweise unterrepräsentiert. In Bielefeld fiel zuletzt dennoch die Altersgruppe der über 80-Jährigen auf, weil sie laut Unfallstatistik überdurchschnittlich an schweren und tödlichen Unfällen beteiligt sei. Und diese Zahlen seien zuletzt gestiegen. "Dennoch sind nicht alle Senioren eine Gefahr", betont Aubke. Es sei viel individueller. Auch wenn ab 50 Jahren bei den Menschen Seh-, Hör- und Reaktionsvermögen nachließen. Das zu erkennen und zu behandeln, könne sehr effektiv helfen, Gefahren zu vermeiden. &bdquo;Deshalb appellieren wir an alle älteren Autofahrer, auf freiwillige und kritische Selbstverantwortung zu setzen“, sagt Mediziner Aubke. &bdquo;Wir wollen die Menschen motivieren, ihre Fahrtüchtigkeit selbst zu überprüfen.“ Bielefelder Verkehrswacht mit neuen Training für Senioren Dazu hat der Seniorenrat zusammen mit der Verkehrswacht das Programm &bdquo;Fit am Steuer“ entworfen. Es ist eine Mischung aus Fahrtraining, Hör- und Seh- und Reaktionstests und praktischen Hilfen für den Alltag im Straßenverkehr (viele neue Verkehrsschilder sind unbekannt). Arnd Schilack, Geschäftsführer der Verkehrswacht Bielefeld, kennt die Vorbehalte, die Senioren gegenüber solchen Trainings haben. &bdquo;Viele befürchten, dass wir Testergebnisse an die Behörde melden. Das ist nicht der Fall.“ Wenn bei einem Test ein Problem auftauche, dann gehe davon nichts nach draußen. &bdquo;Wir sprechen aber mit den Teilnehmern, wie sie ihre Situation verbessern können. Hartmut Vollmer (82) hat bereits mit Begeisterung an einem der sechs Programme teilgenommen: &bdquo;Der Trainer hat da sehr gut gemacht. Niemand wurde bloßgestellt. Trotzdem hat man ein bisschen Bammel, wie die meine Fahrweise bewerten.“ Vollmer hat einiges gelernt. Etwa wie man heutzutage im Notfall in die Bremsen steigt (&bdquo;Die Stotterbremse gibt es heute nicht mehr!“) und dass sein Auto ihm auch in Extremsituationen gehorcht. Trotzdem ging er nach dem Sehtest gleich mit der alten Brille zum Optiker: &bdquo;Ich brauchte eine neue. Das habe ich sofort erledigt.“ Viele Autofahrer haben Hemmungen, mit voller Kraft zu bremsen Aubke nickt: &bdquo;In ähnlicher Weise haben zwei Teilnehmer bei sich Hörprobleme festgestellt, von denen sie bis dahin nichts wussten. Das kann man heutzutage schnell beheben.“ Deshalb sei dieses Training &bdquo;unfallverhütend“ und &bdquo;Mobilität erhaltend“. Aubke: &bdquo;Das war uns wichtig.“ Bei dem rund sechsstündigen Training lernen die Teilnehmer (bisher im Alter von 60 bis 85 Jahren), wie man mit ABS-System richtig bremst. Vollmer: &bdquo;Man muss erstmal lernen, voll in die Bremsen zu gehen. Das ist nicht so einfach, wie es klingt.“ Tatsächlich haben viele Autofahrer Hemmungen, mit voller Kraft zu bremsen. Oft sei zögerliches Bremsen Ursache für vermeidbare Zusammenstöße, so Schilack. In einem Lenkparcours wird das Abbiege- und Spurverhalten der Fahrer trainiert. Und auch das richtige Verhalten auf unübersichtlichen, mehrspurigen Kreuzungen wie dem Adenauerplatz werde thematisiert. Mit den Eltern in Sachen Fahrsicherheit ins Gespräch kommen Zusätzlich gibt es Park- und Rangierübungen und die Trainer blicken bei jedem der zehn Teilnehmer in die einzelnen Fahrzeuge hinein: &bdquo;Wir wollen sehen: Wer hat was? Und dann erklären wir die Möglichkeiten und Grenzen der verschiedenen Hilfesysteme“, sagt Schilack, der selbst zertifizierter Seniorenfahrtrainer ist. Hör- und Sehtest seien freiwillig, aber bei jedem anzuraten. Durch eine Beteiligung der Sparkasse Bielefeld konnten die Teilnehmerkosten für das ganze Programm auf 70 Euro reduziert werden. Wolfgang Aubke plädiert: &bdquo;Wir hoffen, dass auch diejenigen das Training nutzen, die sich auf der Straße ohnehin unsicher fühlen. Gerade ihnen kann es helfen. Die Vertraulichkeit ist deshalb sehr wichtig.“ Der Seniorenrat glaubt zudem, dass die Kinder mit Hilfe dieses zugeschnittenen Angebots besser ins Gespräch mit ihren Eltern zum Thema Fahrsicherheit kommen werden: &bdquo;Es ist auch ein sinnvolles Weihnachtsgeschenk.“ Bielefelder Senioren-Fahrtraining für 70 Euro Interessierte melden sich für das Training &bdquo;Fit am Steuer“ (Kosten: 70 Euro) auf dem Verkehrssicherheitszentrum am Schopketalweg bei der Verkehrswacht unter Tel. (05 21) 89 48 79. Weitere Infos auf der Internetseite der Verkehrswacht Bielefeld.

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