Ehrliche Worte Das passiert mit den toten Tieren des Bielefelder Gnadenhofs

Bielefeld. Wie ein fröhlicher Ponyhof mutet das Dorf Sentana an, wenn man mit etwas Abstand an dem Gelände am Quellenhofweg vorüberfährt. Bunte Holzhäuschen, gepflegte Wiesen, Natur, ein paar Hühner, Pferde, Kühe. Näher betrachtet ist es aber etwas anderes. Das Dorf Sentana ist eine Auffangstation für Tiere, die keiner mehr will. Die meisten sind alt, krank, gebrechlich. Viele haben ein entsetzliches Leben hinter sich, sollen auf dem Bielefelder Gnadenhof zumindest noch ein paar schöne Jahre erleben. Und dann? Der Tod gehört dazu auf dem Hof, der 2017 in Gadderbaum seine Tore öffnete. Ein Thema, über das die meisten nicht gern nachdenken, geschweige denn darüber sprechen. Was passiert mit den Tieren, nachdem sie gestorben sind? Das erklärt das Team des Hofs nun in einem aktuellen Facebook-Post. Und das ist nichts für zarte Gemüter. Verstörendes Prozedere "Unterscheiden muss man dabei leider zwischen Haustieren und sogenannten Nutztieren", heißt es in dem Posting. Denn "leider werden Tiere immer noch in diese Kategorien unterteilt und diese Zuordnung bestimmt auch, was mit ihnen nach dem Tod geschieht." Das bedeutet: "Wenn ein Hund, eine Katze oder ein Kaninchen stirbt, lassen wir das Tier einäschern. Häufig sterben die Tiere beim Tierarzt und werden dann über die Praxis der Einäscherung zugeführt." Bei der Einäscherung gebe es verschiede Möglichkeiten. Man könne ein Tier einzeln einäschern lassen und die Asche wiederbekommen, man könne die Asche beim Bestatter auf einer Wiese verstreuen lassen oder das Tier mit anderen Tieren verbrennen und gemeinsam verstreuen lassen. "Wir nehmen immer die letzte Variante in Anspruch, da es die günstigste Version ist und wir natürlich auf unsere Ausgaben achten müssen, da das Tier im Grunde nichts mehr davon hat, wenn wir die Asche wieder bekämen und wir das Geld lieber in die lebenden Tiere investieren." Obwohl Hühner zu den sogenannten Nutztieren gehören, kann das Dorf Sentana sie aufgrund ihrer Größe auch einäschern lassen. "Tiere auf dem Hof zu bestatten kommt leider nicht in Frage, da wir bis vor Kurzem im Wasserschutzgebiet lagen und wir wegen der Anzahl der verstorbenen Tiere nicht genügend Platz für einen derartigen Friedhof hätten. Außerdem wäre es auch schwierig ausreichend tiefe Löcher zu buddeln." "Da sollte man besser nicht dabei sein" Wesentlich weniger pietätvoll gehe es bei den großen Tieren, den sogenannten Nutztieren, zu. Diese Tiere müssen von der Tierkörperbeseitigung (dem Abdecker) abgeholt werden. "Das heißt, es kommt ein Lkw, der täglich in der ganzen Region tote Tiere abholt und diese zur Tierkörperbeseitigung bringt, die die Körper dann weiter verarbeitet. "Leider gibt es keine andere Möglichkeit, die Tiere pietätvoller zu bestatten und es ist wirklich entsetzlich mit anzusehen, wie die Tiere abgeholt werden." Werde man von den Tierbestattern sehr einfühlsam behandelt, sei die Tierabholung durch die Tierkörperbeseitigung eine sehr sachliche Angelegenheit. "Alle Fahrer waren bis jetzt sehr nett, aber die Abholung hat für die Firma keinerlei emotionale Komponente." In der Beseitigungsanlage würden die Tiere zu Mehlen und Fetten verarbeitet. "Die Mehle werden als Alternativbrennstoff in Kraftwerken und der Zementindustrie verwertet. Die Fette werden an die Biodiesel-Industrie weitergeben." Eine Ausnahme gebe es bei den großen Tieren allerdings: Auch Pferde und Ponys könne man mittlerweile einäschern lassen. "Die Preise dafür beginnen bei etwa 1.000 Euro, deshalb ist das für uns leider keine Option. So traurig das ist, muss man sich vor allem bei der zweiten Variante vor Augen halten, dass die Tiere davon nichts mehr mitbekommen und man einfach keine andere Option hat." Stern für die toten Tiere Als Andenken bekommen alle verstorbenen Tiere einen Stern mit Namen, der auf dem Hof dort zu finden ist, wo das Tier gelebt hat. Die meisten Tierbesitzer beschäftigen sich ungern mit dem Tod ihrer Schützlinge. Und doch gibt es gerade bei großen Tieren wie Pferden einiges zu entscheiden und zu beachten. Soll das Pferd eingeschläfert werden oder zum Schlachter? Für das Pferd macht es keinen Unterschied, hier geht es eher darum, womit der Halter besser zurecht kommt. "Fast niemand bringt sein Pferd zum Metzger", sagt Sportpsychologin Karin Horn-Heyde. Die meisten Reiter scheuten sich, über die Tötung per Bolzenschussgerät nachzudenken. Alternative ist ein Termin beim Tierarzt. Er schläfert das Pferd ein. Wer die Kraft habe, solle das Tier bis zum Ende begleiten. Horn-Heyde rät, bewusst Abschied zu nehmen, um den Verlust zu verarbeiten. Der Abtransport des leblosen Körpers allerdings sei grauenhaft, wie sie aus eigener Erfahrung als Pferdehalterin weiß. "Da sollte man nicht dabei sein und sich besser abwenden", sagt die Psychologin. Alternativen zur Abholung durch die städtische Tierkörperbeseitigung gibt es kaum. Beerdigen darf man Pferde in Deutschland nicht. Information Das Dorf Sentana sucht ab sofort eine/n neue/n Ehrenamtliche/n, der/die Lust hat, an jedem zweiten Samstagvormittag zwischen 9 und 11.30 Uhr bei den Ponys und Eseln zu unterstützen. Die Aufgabe ist die Säuberung der Ställe und Paddocks. Wer älter als 18 Jahre ist, zuverlässig und verantwortungsbewusst, wer eigenständig arbeiten kann und idealerweise bereits Erfahrung im Umgang mit Pferden hast, kann sich mit einer kurzen Vorstellung unter nina.kristin.plass@sentana-stiftung.com melden.

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