Kommentar Reitanlagen-Traum in Bielefeld droht der Albtraum

Bielefeld Verwundert registrierte der Bielefelder jüngst die neuesten Nachrichten aus dem fernen Ortsteil Holtkamp. Nach achtmonatiger Unterbrechung hatte die Gütersloher Unternehmerin Barbara Hagedorn dort am 24. August die Bauarbeiten für ihre Reitanlage wieder aufgenommen. Und wird sie wieder einstellen müssen, hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden Dienstagmorgen befunden. Ein Drama in mehren Akten. Chronistenpflicht ist allerdings zunächst, das 500-Seelen-Dorf überhaupt zu verorten. Ganz unten links auf der Stadtkarte ragt eine kleine Spitze Bielefeld in den Kreis Gütersloh hinein. Kirchlich gehört der Ort seit Menschengedenken zum evangelischen Kirchspiel Isselhorst. 1969 beschlossen allerdings die Gemeinderäte der ebenfalls zum Amt Brackwede gehörenden Gemeinden Isselhorst, Ebbesloh, Hollen und Niehorst den Anschluss an die Stadt Gütersloh. Die wackeren Holtkämper entschieden sich allerdings für den Beitritt zur damals noch selbstständigen Stadt Brackwede. Damit Holtkamp aber überhaupt eine &bdquo;Landverbindung“ zu Brackwede bekam, wurde gleichzeitig ein Teil von Isselhorst nach Brackwede eingemeindet. Naturschützer zweifeln Rechtmäßigkeit an Ausgerechnet an diesem idyllischen Flecken will Barbara Hagedorn auf einer Fläche von etwa drei Hektar eine langgehegte Herzensangelegenheit verwirklichen und einem eigens gegründeten Reitverein eine Heimat geben. Ist das Konzept einmal realisiert, sollen in der &bdquo;SL Riding Ranch“ ein Stall mit Funktionsbereich, eine Pferdebewegungshalle, eine Führanlage, eine Bergehalle für Futtermittel und ein nicht versiegelter Außenplatz auf dem Gelände Platz finden. Doch während die Bauarbeiten im vergangenen September bereits liefen, regte sich Widerstand. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zweifelte die Rechtmäßigkeit der von der Stadt Bielefeld erteilten Baugenehmigung an. Die Errichtung der mit drei Hektar Flächenversiegelung verbundenen Anlage stände im Widerspruch zu den Festsetzungen im hier rechtsgültigen Landschaftsplan Bielefeld-West. Ausnahme ist die Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebes, und so erklärte Hagedorn im Oktober: &bdquo;Ich bin jetzt auch Landwirtin.“ Und als landwirtschaftliche Unternehmerin errichte sie einen Pensionstierhaltungsbetrieb. Das Verwaltungsgericht konnte jedoch nicht erkennen, dass der geplante Betrieb einer Pferdepensionshaltung aus Sicht eines vernünftigen Landwirts die erforderliche Nachhaltigkeit aufweise. Die Arbeiten mussten mit sofortiger Wirkung eingestellt werden. Hagedorn gab nicht auf Doch Hagedorn gab nicht auf. &bdquo;Die rechtliche Grundlage für die Fortsetzung der Bauarbeiten ist der geänderte Bauantrag, den das Bauamt der Stadt Bielefeld am 15. Juli genehmigt hat“, erklärte die Geschäftsfrau und ließ die Bagger wieder rollen – um sie jetzt wieder stoppen zu müssen. Denn die Naturschützer gaben ebenfalls nicht klein bei und zogen abermals vor das Verwaltungsgericht. Dieses sah in der neuen Baugenehmigung einen Nachtrag und keine gänzlich neue Genehmigung. Somit gelte weiterhin der im Dezember verhängte Baustopp. Die Stadt zeigt Härte Die Stadt zeigt nun auch Härte und hat ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro verfügt. Das Rathaus will sich an die Vorgaben aus Minden halten, sieht aber keine Einsicht bei Frau Hagedorn. Deshalb kündigt die Verwaltung gleich ihre nächsten Schritte an: Auf das erste Zwangsgeld könnte eines in doppelter Höhe folgen und schließlich eine Versiegelung der Baustelle nach sich ziehen, würde immer noch weitergebaut. Frau Hagedorn argumentiert, sie habe im Vertrauen auf die Stadt Bielefeld bereits eine Menge Geld investiert. Doch nun droht der Albtraum: Geht es nach dem Willen der Naturschützer, muss sie alles zurückbauen, und der Bauplatz soll wieder eine Wiese werden. Sollte das Verwaltungsgericht Minden oder eine höhere Instanz im letzten Akt tatsächlich irgendwann feststellen, dass die &bdquo;SL Riding Ranch“ an dieser Stelle niemals hätte genehmigt werden dürfen, dürfte Hagedorn gar Schadenersatz verlangen. Doch aus der Verwaltung heißt es, Hagedorn habe mit dem Bau bereits begonnen, als die Genehmigung noch nicht bestandskräftig gewesen sei. Sie habe also keinen Anspruch auf Schadenersatz. Abseits der rechtlichen Auseinandersetzung stellt sich hier die Frage, wer bei dem Ringen denn nun David und wer Goliath ist. Auf den ersten Blick scheint die Rollenverteilung klar: Die kleine Ortsgruppe eines Naturschutzverbandes stellt sich gegen eine finanzstarke Unternehmerin. Doch in Wirklichkeit kämpft der BUND in unser aller Namen für den Klimaschutz in unserer Stadt, die 2019 den Klimanotstand ausgerufen hat.

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