Bielefeld
Giftgrün gefärbt: Es steht nicht gut um Bielefelds Obersee
Steigende Temperaturen und fehlender Regen dezimieren den Sauerstoffgehalt in Bielefelds größtem Gewässer.
Stefan Becker
21.07.2022
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Stand 21.07.2022, 02:04 Uhr
Bielefeld. In einem giftigen Blau-Grün wabert der Algenteppich am Abfluss des Obersees, gerinnt an den Nischen des Betonovals zu einem zähen Brei. Irritierte erst die intensive Färbung des Wasser einige Passanten, gesellte sich kurz darauf noch ein beißender, jaucheähnlicher Geruch hinzu - die für den Sommer obligatorische Blaualgenblüte hat begonnen. Die Gewässer-Wächter des Umweltamtes haben die Entwicklung im Blick, sagen sie, und begegnen dem natürlichen Phänomen mit wöchentlichen Wasserproben und baldiger Belüftung des nur wenig bewegten Gewässers.
Denn wenn im Sommer der Westwind über den See weht, und die Wassertemperatur steigt, dann geht Bielefelds größtem Teich mit dem Status einer Talsperre langsam die Luft aus - wegen der explosionsartigen Vermehrung der Blaualgen. Ein Paradox, weil die Bakterien und ihre blättrigen Verwandten selbst das Gros der Sauerstoff-Produktion auf dem Planeten verursachen. Denn auch Blaualgen produzieren Sauerstoff mittels Fotosynthese, den sie in die Atmosphäre abgeben.
Forcieren warmes und nährstoffreiches Wasser allerdings das Algenwachstum, sterben gleichzeitig entsprechend viele ab, die auf dem Grund des Gewässers von Mikroorganismen zersetzt werden - mit der Hilfe von Sauerstoff. Verbraucht der Prozess allerdings mehr Sauerstoff als neuer hinzukommt, verliert der See oder Teich seine Balance und droht zu kippen - das gefürchtete Fischsterben wäre eine Folge davon. Dieses Szenario ereignete sich 2020, als etliche Karpfen, Hechte und Zander im Obersee erstickten.
Fix installierte Dockingstation für die Belüfter
In der gegenwärtigen Situation bestehe keine Gefahr für die innerhalb und außerhalb des Obersees lebenden Tiere, sagt Ulrike Giese-Grohmann vom Umweltamt, Fachfrau für die Oberflächengewässer der Stadt. Doch bevor es wieder kritisch werden könne, sollen die im vergangenen Jahr bereits erfolgreich erprobten neun Belüfter zum Einsatz kommen. Die Geräte agieren im Dreierbund: Die beiden sogenannten "Aqua-Pilze" sprudeln an der Wasser-Oberfläche und produzieren flache Fontänen, in der Tiefe quirlt und verwirbelt der "Turbo-Jet" das Wasser des Obersees, der die aufgestauten Bachläufe von Jölle und Johannisbach speisen.
2021 erhielten die Geräte ihre Energie noch von Notstromaggregaten, sagt die Ingenieurin, doch ab diesem Jahr soll die Versorgung über fix verbaute Kabel funktionieren. Sobald der Kampfmittelräumdienst die letzte noch zu prüfende Fläche für die Baustellen freigebe, werde mit der Installation der Dockingstationen für die neun Belüfter begonnen. An einem der drei favorisierten Standorte müsse noch einmal nachgebohrt werden wegen möglicher Blindgänger:
Im Zweiten Weltkrieg warfen die Alliierten Tausende Sprengbomben und Brandbomben auf den Viadukt in Schildesche, doch das Bauwerk trotze dem tödlichen Hagel. Bis zum März 1945, da brachte die britische Riesenbombe namens "Grand Slam" den Boden dermaßen zum Beben, dass die imposante Eisenbahnbrücke einstürzte.
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