Bielefeld Bei hohen Gaspreisen: Winter für die Bielefelder kann kalt und teuer werden

Bielefeld. Sommer, Sonne, Ferienzeit. In diesen Tagen mag eigentlich niemand an die nächste Heizsaison denken. Doch sollte nach dem routinemäßigen Abschalten der Nordstream 1-Pipeline kein Gas mehr aus Russland fließen, kann es auch für die Verbraucher in Bielefeld im kommenden Winter frostig werden - und vor allem noch viel teurer. Wie hoch steigen die Preise noch? Eine erste Preiserhöhung greift zum 1. August, eine weitere ist für den 1. Januar bereits angekündigt. Gas wird zunächst um 2,42 Cent pro Kilowattstunde teurer. Ein Durchschnittshaushalt (16.000 Kilowattstunden Verbrauch pro Jahr) zahlt künftig 32,20 Euro mehr pro Monat. Wie es dann weitergeht, ist noch völlig offen. manche sprechen bereits von einer Vervierfachung des Gaspreises. "Wie sehr die Kosten nun steigen und welche Preise auf die Kundschaft zukommen, lässt sich aktuell noch nicht seriös beurteilen. Auch für die Stadtwerke ist die Höhe der Kostenentwicklung in den nächsten Tagen und Wochen mit einem großen Fragezeichen verbunden", sagt Holger Mengedodt, Leiter Markt und Kunde bei den Stadtwerken. Was passiert, wenn man nicht mehr bezahlen kann? Die Frage der Bezahlbarkeit von Energie sei nicht zuletzt ein sozialpolitisches Thema und könne von den Stadtwerken alleine, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Rahmenbedingungen, nicht gelöst werden, sagt Mengedodt. "Die Stadtwerke werden aber auch zukünftig versuchen, zusammen mit dem Kunden die bestmögliche Lösung zu finden, um eine Versorgungsunterbrechung zu vermeiden." Sollten die Kunden schon mal Geld zurücklegen? Die Stadtwerke empfehlen, die Abschlagszahlungen bereits jetzt großzügig anzupassen, weil von sinkenden Preisen aktuell sicher nicht auszugehen ist. "Viele Kunden haben bereits die Chance genutzt und über unser Kundenportal oder über die Hotline ihre Abschläge nach oben angehoben", sagt Mengedodt. Wie kann man sparen? Die Raumtemperatur absenken und nicht so heiß duschen, lautet die häufigste Antwort darauf. Hausbesitzer können aber noch mehr tun, etwa den hydraulischen Abgleich der Heizung veranlassen. Der Abgleich sorgt für die gleichmäßige Verteilung der Wärme, und das kann eine Verbrauchsreduzierung bis zu 15 Prozent bewirken. Den Abgleich kann man nicht selbst machen, da muss ein Heizungs-Fachmann ran. Die Kosten liegen zwischen 600 und 1200 Euro - zahlen sich aber langfristig aus, sagt die Verbraucherzentrale. Die Netzagentur warnt vor dem Ausfall von Gasthermen in den Privathaushalten, wenn der Gasdruck fällt. Ist das eine reale Gefahr? Zur Aufrechterhaltung des ausreichenden Druckniveaus ist erforderlich, dass die aus dem Netz entnommene Gasmenge nahezu der in das Netz eingespeisten Menge entspricht. Klappt das nicht, kann der Gastransport nicht mehr gewährleistet werden. Hiervon wären am Ende im schlimmsten Fall auch Gastherme in Privathaushalten betroffen. Nils Neusel-Lange, Chef der Bielefelder Netz GmbH, hält solche ein Szenario aber für "eher unwahrscheinlich". Haben die Stadtwerke schon einen Notfallplan? Krisenstäbe sind eingerichtet und Gespräche mit allen entsprechenden Akteuren eingeleitet. "Wie im Einzelfall zu reagieren ist, wird mit den vorgelagerten Netzbetreibern und der Bundesnetzagentur eng abgestimmt", sagt Niels Neusel-Lange. Privatkunden sind von Gaskürzungen bislang ausgenommen, große Firmenkunden nicht. Neusel-Lange betont, diese "gesetzlich nicht geschützte Kunden" seien bereits kontaktiert worden, "um einen Informationsaustausch zur individuellen Gasnutzung zu etablieren und im Fall einer Gas-Mangelsituation direkt Kontakt aufnehmen zu können." Müssen im Herbst Bäder und Saunen (oder andere Einrichtungen) geschlossen werden, wenn es zu einer Gas-Verknappung kommt? Die Bundesnetzagentur hat unlängst Priorisierungskriterien vorgelegt, wenn nach dem Notfallplan Gas die nächste Stufe ausgerufen wird. "Wie alle anderen Betreiber von Freizeiteinrichtungen müsste sich im Falle der Ausrufung der Notfallstufe auch die BBF darauf einstellen, dass Schwimmbäder und Saunen als Erstes vom Netz genommen werden", sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Martin Uekmann. Bleibt das Gas aus, stehen auf der Schließungsliste der Bundesnetzagentur auch städtsiche Sporthallen oder Fitnessstudios. Droht auch den Stadtwerken die Zahlungsunfähigkeit, wenn die Preisentwicklung weiter so anhält? "Die aktuellen Marktentwicklungen sind durchaus besorgniserregend", sagt Stadtwerke-Chef Uekmann. Derzeit sei die Liquiditätssituation des Unternehmens aber sehr gut und die Risiken bei den Stadtwerken im Branchenvergleich als geringer einzuschätzen. "Sollte sich die Marktsituation jedoch zum Biepiel durch anhaltende oder sogar erhöhte Erdgasimportreduzierungen aus Russland weiter verschärfen und die Bundesregierung daraufhin den Paragrafen 24 des Energiesicherheitsgesetz zur Kostenweitergabe über die Lieferkette aktivieren, wird sich die Situation für alle Endkundenversorger deutlich verschärfen." Umso intensiver werde im Unternehmen die Finanz- und Liquiditätssituation überwacht, seien Maßnahmen zum rechtzeiteigen Gegensteuern erarbeitet.

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