Unverschämt am Steuer Bielefelder Fahrlehrer packen aus: So aggressiv sind manche Fahrschüler

Bielefeld. Fahrlehrer sehen sich stets dem Druck ihrer Kunden ausgesetzt. Jede zusätzlich nötige Fahrstunde, jede missglückte Prüfung bedeuten spürbare Verteuerungen. Nun kam nach der jüngsten Würge-Attacke auf eine Fahrlehrerin an der Straße Am Stadion, in den sozialen Medien die These auf, dass sich dieser Druck der Fahrschüler zunehmend durch Aggressionen verbaler und sogar körperlicher Form zeigt. Das Ziel seien zunehmend Fahrlehrer und Prüfer. Zunächst sei betont: Wer die Fahrlehrerin (53) am 18. Januar bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt hat und warum, ist bis heute unklar. Es ist also völlig unklar, ob die Tat mit dem Beruf des Opfers im Zusammenhang steht. Trotzdem wird seitdem diskutiert. Werden die Fahrschüler immer aggressiver? Die Frage ist: Werden die Fahrschüler wirklich immer aggressiver? Volker Uflacker ist Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Bielefeld. Er kennt Fahrschüler, die sich daneben benehmen. &bdquo;Aber die gab es früher auch schon", sagt er. Bereits in den 1990er Jahren hatte er einen Fahrschüler, der in der Prüfung gleich dreimal hintereinander &bdquo;rechts vor links" missachtet hatte. &bdquo;Er konnte trotzdem nicht verstehen, warum er durchgefallen ist. Schließlich gab es keinen Unfall. Er ist völlig ausgerastet." Was sich verändert habe, sagt der Vorsitzende des Fahrlehrerverbands, sei die Zahl der &bdquo;Umschreiber", also der ausländischen Bürger aus Nicht-EU-Ländern, die trotz vorhandenen Führerscheins trotzdem die deutschen Prüfungen absolvieren müssen. Bei diesen Kandidaten sei die Durchfallquote deutlich höher, weil sie oft nach viel zu wenig Übungsstunden zur Prüfung antreten würden. Zwar sei vor einigen Jahren die Fahrschüler-Ausbildungsverordnung verschärft worden. Seitdem müssen sich die Fahrlehrer vorher von der Prüfungstauglichkeit der Umschreiber überzeugen. Doch laut Uflacker gilt immer noch der Irrglaube unter den Umschreibern, dass sie gar keine Übungsstunden absolvieren müssen. Tatsächlich sei keine Mindestpflichtausbildung für Umschreibungen festgelegt. Das führe oft zu Missverständissen.Anm. d. Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes war fälschlicherweise behauptet worden, die Prüfung der Tauglichkeit von Umschreibern sei inzwischen weggefallen. Das ist nicht zutreffend. "Scheiß Auto, Scheiß Fahrlehrer" Doch zurück zu der These, dass die Aggressionen gegen Fahrlehrer immer größer werden. Dirk Heidemann ist ein Fahrlehrer, der gerne Klartext redet. Er ist seit 25 Jahren Fahrlehrer und er sieht eine bestimmte Klientel im Fokus. Ihm fallen hier vor allem Kunden auf, die aus armen oder sehr armen Verhältnissen nach Deutschland geflüchtet sind: &bdquo;Manche haben gelernt, sich alles zu erkämpfen – notfalls mit Gewaltandrohung." Gehe eine Prüfung daneben, hieße es schnell: &bdquo;Scheiß Auto, Scheiß Fahrlehrer." Dass man selbst Fehler gemacht habe, komme einigen nicht in den Sinn. Er berichtet von einem Prüfer, der nach einer durchgefallenen Prüfung enorm bedroht worden sei. Schließlich soll der wütende Prüfling die Autotür zugeschlagen haben, die Finger des Prüfers seien noch in der Tür gewesen. Ein anderer Prüfling soll Vollgas gegeben haben, nachdem er durchgefallen war: "Er wollte dem Prüfer zeigen, was er am Steuer drauf hat." Arabische Kunden: Fehlende Akzeptanz von Fahrlehrerinnen Seine Frau Oksana ist ebenfalls seit sechs Jahren Fahrlehrerin: &bdquo;Ich bin Ukrainerin und habe den Ruf, dass ich die Dinge mit einfachen Worten erkläre." Deshalb kämen viele Migranten zu ihr. Sie erlebe dennoch oft von den Männern aus dem arabischen Raum, dass sie als Frau nicht voll akzeptiert werde. &bdquo;Wir Fahrlehrerinnen gelten bei manchen nur noch als Diener – dann heißt es immer Du musst, du musst, du musst." Aber selbst wolle man möglichst wenig zum Ziel beitragen. Volker Uflacker hat diese Diskussion zum Anlass für eine Umfrage unter seinen Mitgliedern genommen: Von 90 Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern in Bielefeld haben 31 an der Umfrage teilgenommen. Drei von ihnen sagen, die Aggressionen der Schüler hätten zugenommen, 23 verneinen diese Frage – 74 Prozent. Der Rest sei sich nicht sicher. Corona führt zu gereizter Stimmung Eine parallel im Kreis Gütersloh gestartete Umfrage endete ähnlich: Hier nahmen 22 Fahrlehrer teil und 82 Prozent von ihnen verneinten die Frage zu steigender Aggression unter Fahrschülern, vier sagten &bdquo;Ja". Uflackers These, dass es früher schon genauso &bdquo;schlimme Finger" gab, ist damit mehrheitlich bestätigt. Interessant bleibt aber die Diskussion über die Ursachen der Probleme. Die Umfrage ließ auch differenziertes Feedback zu. Dabei wurde deutlich, dass einige Fahrlehrer die Corona-Pandemie dafür verantwortlich machten, dass vor allem die jungen Schüler gereizter reagierten und durch fehlende Perspektiven unter höherer Frustration und Stress litten. Ein Fahrlehrer sagt, dass nur die verbale Aggressivität gestiegen sei, bei der es darum ginge, eigene Belange durchzusetzen. Körperliche Übergriffe seien bisher kein auffallendes Thema, sagt er.

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