Haftung ungeklärt E-Scooter umgekippt: Autofahrer verklagt Verleiher auf Schadenersatz

Bielefeld. Die E-Scooter der Mietfirmen Tier, Lime und Bolt bilden inzwischen zumindest in der City das Stadtbild. Nach einer Auflage der Stadt dürfen sie nicht verkehrsbehindernd auf Gehwegen und Straßen stehen. Doch immer wieder kommt es dazu, dass die schweren Elektro-Roller umfallen oder viel mehr umgestoßen werden. So ein umgekippter Roller hat nun das Auto eines Bielefelder Ehepaares beschädigt. Der Ehemann ist Anwalt und hat nun die Betreiberfirma auf Schadenersatz verklagt. Doch so einfach scheint das nicht zu sein. Anwalt Siegfried Kammel beklagt einen Schaden durch einen umgestürzten Roller in Höhe von 1.560 Euro. Der Toyota Verso seiner Frau wies deutliche Schäden an der Seite auf, die auf den Gummi-Lenker des Rollers und seinen Bremshebel aus Metall zurückzuführen seien, sagt der Jurist. Zuvor war ihm der abgestellte Roller bereits negativ aufgefallen, weil er auf dem schmalen Gehweg ein Vorbeikommen behindert, wenn nicht sogar verhindert habe. Um eine entsprechende Anzeige zu machen, hatte der Anwalt tags zuvor sogar ein Foto des Rollers gemacht. Als er einen Tag später den Schaden an dem Toyota feststellte, war der Roller allerdings verschwunden. Juristen kritisieren Gesetzeslücke Hatte ein neuer Nutzer den Roller umkippen lassen und war dann davongefahren? Oder hatte irgendjemand das behindernd abgestellte Elektrofahrzeug aus Wut umgestoßen? Das ist unklar. Aber der Besitzer des Rollers ist ja sicherlich für solche Fälle versichert, oder? Da sind sich die Experten derzeit nicht sicher. Denn bei der Einführung der gesetzlichen Regeln für E-Scooter wurde die sogenannte &bdquo;Haftung aus Betriebsgefahr“, die für Autos und Motorräder gilt und über die Kraftfahrthaftpflichtversicherung abgesichert ist, bei Elektrokleinstfahrzeugen wie E-Scootern ausgeschlossen. Juristen sprechen von einer Gesetzeslücke. Zwar dürften die E-Scooter &bdquo;im Prinzip überall auf dem Gehweg parken“, sagt Rechtsanwalt Guido Kluck auf seiner Homepage. Das erhöhe das Gefahrenpotenzial für Unfälle, trotzdem fehle es an klaren Regeln des Gesetzgebers. Niemand fühle sich so für den entstandenen Schaden verantwortlich. Blinder brach den Oberschenkelhals und keiner zahlt Seit 2020 diskutieren Juristen einen Fall aus Bremen: Hier brach sich ein blinder Fußgänger die Knochen, nachdem er über zwei am Boden liegende E-Scooter gestürzt war: Oberschenkelhalsbruch. Weder der Besitzer – die Verleihfirma – noch die Stadt, die die Betriebserlaubnis erteilt hatte, kamen für den Schaden auf. Es sei nicht nachzuweisen gewesen, wer die Roller umgekippt hatte. Der letzte Nutzer könnte die Roller ordnungsgemäß abgestellt haben. Das andere Personen später schuldhaft handelten und die Roller umstießen, könne dem Betreiber nicht zur Last gelegt werden, so die Argumentation. &bdquo;Das ist bei einem Autobesitzer anders“, sagt Kammel. &bdquo;Hier haftet der Besitzer für Schäden, die auch ohne Schuld des Fahrers entstanden sind.“ Weil der Betrieb eines Autos grundsätzlich eine Gefahr unterstellt. Dass Elektrokleinstfahrzeuge keiner Haftungsgrundlage in ähnlicher Form unterworfen sind, liegt laut Kammel an einem Zugeständnis der Politik – &bdquo;auch das kam von Andy Scheuer“ – an die Verleiher, damit diese ihr Betriebsrisiko reduzieren. "Verleiher haben Verkehrssicherungspflicht" E-Scooter-Vermieter Bolt sieht der Bielefelder Anwalt trotz dieser Gesetzeslücke in der Pflicht. Denn der E-Scooter habe behindernd auf dem Gehweg gestanden, so Kammel. &bdquo;Der Verleiher hat hier eine Verkehrssicherungspflicht, wenn der Roller mehrere Tage lang behindernd steht.“ Ein Fahrrad dürfe nach Ansicht der Gerichte auch nur so abgestellt werden, dass eine Beschädigung durch Umfallen ausgeschlossen ist. Auch hier sei es unerheblich, ob das Fahrrad ursprünglich ordnungsgemäß gestanden hat. Nachdem Verleiher wie Versicherung auf die Schadenersatzforderung ablehnend reagierten, und der Betreiber auch die Mieter des fraglichen Rollers nicht preisgeben wollte, reichte der Rechtsanwalt Klage ein. Das Gericht hat nun ein Gutachten in Auftrag gegeben, das klären soll, ob der Schaden am Wagen tatsächlich von einem E-Scooter stammen kann.Wegen anhaltender Probleme: Stadt erhebt 40 Euro Gebühr pro E-Scooter Die Stadt Bielefeld hat im Juli 2021 wegen der wiederholten Beschwerden über behindernd abgestellte E-Scooter eine Gebühr über 40 Euro pro Roller eingeführt. Die Zahl der gut 2.000 Elektro-Tretroller hat sich seit Einführung dieser Mehrkosten nicht verringert, heißt es.

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