Bielefeld Knallhartes Bielefelder Fitnessstudio kanzelt Kundin ab

Bielefeld. &bdquo;Rein juristisch mag das Studio ja vollkommen korrekt gehandelt haben - aber menschlich bin ich sehr enttäuscht“, fasst Ute S. ihre Sicht auf die ablehnende Reaktion des Fitnessstudios zusammen. Denn immerhin ging es bei dem Disput um das Leben ihres Mannes. Der hatte im Dezember eine niederschmetternde Diagnose erhalten: Lungenkrebs. Mit einer guten Prognose, weshalb die behandelnde Onkologie auch gleich zum Start der Chemotherapie riet. Weil die aggressive Arznei das Immunsystem des Patienten stark beeinträchtigt, gilt für die Angehörigen größte Vorsicht zur Vermeidung potentieller Ansteckungsgefahren.&bdquo;Unsere Onkologin riet mir, nach Möglichkeit weiter regelmäßig Sport zu machen, um die Ängste und den Stress besser zu bewältigen, doch zuvor zu checken, ob denn auch die Mitarbeiter im Studio alle geimpft sind“, erzählt S.. Diese vermeintliche Indiskretion habe den medizinischen Hintergrund, dass infizierte Geimpfte eine geringere Virenlast in sich tragen würden als Ungeimpfte und damit ein geringeres Ansteckungsrisiko darstellen würden.Ein heikles Thema, denn während die Kunden nur mit einem 2G-plus-Status das Studio betreten dürfen, entweder geboostert oder zumindest doppelt geimpft, dann aber im Besitz eines tagesaktuellen negativen Tests, reicht für die Mitarbeiter die schwächere 3G-Variante: genesen, geimpft oder getestet. &bdquo;Die Mitarbeiter sind nicht einmal gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet, den Immunisierungsstatus mitzuteilen. Wird dieser nicht mitgeteilt, dürfen diese Mitarbeiter nur negativ getestet arbeiten“, erklärt Rechtsanwalt Hans Geisler den Sachverhalt. Viele Studios kommunizieren ImmunstatusDie Preisgabe des Immunisierungsstatutes sei datenschutzrechtlich äußerst problematisch und könne sogar eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des jeweiligen Mitarbeiters darstellen, sagt Geisler. Zudem existiere für den Arbeitgeber grundsätzlich eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Doch während die einen formal korrekt schweigen, gehen andere Studios bei dem Thema bewusst in die Offensive: &bdquo;Wir haben das im Team besprochen und gemeinsam entschieden, dass wir den Impfstatus offen kommunizieren“, sagt Fabian Gehring vom &bdquo;Jürmke Sports“. Weil eben alle Mitarbeitenden geboostert seien. Und diese vertrauensbildende Maßnahme werde von den Kunden goutiert. Eine nichtrepräsentative Umfrage ergab, dass diese Offenheit besonders in inhabergeführten Studios längst zur täglichen Praxis zählt. Denn ziemlich viele Trainierenden müssen aus Gründen des Alters oder der Gesundheit verstärkt auf ihr Immunsystem achten und damit das Risiko einer Ansteckung minimieren. In der Situation hätte jede Auszeit, ob freiwillig genommen oder per Verordnungen auferlegt, nicht nur körperliche, sondern auch seelische Auswirkungen, sagt Frank Stahnke vom Allsports in Brake: &bdquo;Wenn Senioren lange pausieren müssen, dann fällt es vielen unwahrscheinlich schwer, wieder ins Training zu kommen, was gravierende Folgen haben kann.“ Keine Unterstützung in der KriseUte S. wollte ihren schwerkranken Mann schützen und sich selbst stärken. Als sie aber von ihrem Studio die erwünschte Auskunft nicht erhielt, holte sie sich von ihrer Hausärztin ein Attest, um den Vertrag in der kritischen Zeit ruhen zu lassen. Doch kam das Studio der Bitte nicht nach, sondern buchte weiter ab. Und auch das Verhalten sei juristisch korrekt, so der Anwalt, weil für Angehörige keine Rechte gelten wie für persönlich betroffene Kunden: &bdquo;Sonst würde der Kreis derjenigen, die irgendwelche Rechte aus der Coronasituation herleiten wollen, ausufern.“ Tatsächlich plagen sich gegenwärtig viele Studios mit solchen Ansinnen: Die einen sind genervt vom stetigen Testen, andere stört das temporäre Tragen von Masken, wieder andere regen sich auf über die Strenge der Hygiene-Konzepte, und manche haben einfach keine Lust mehr, haben Elan und Euphorie der Anfangszeit in den Lockdowns schlicht verloren: also pausieren, oder besser gleich fristlos kündigen. Die nächste Corona-Katastrophe für die Betriebe. Mitgliedsbeiträge im Lockdown Doch das sei nie Ihre Absicht gewesen, sagt Ute S.. Sie habe zu denen gehört, die ihr Studio durch die Krise trugen, indem sie im Lockdown einfach weiter zahlten und auch später keine Gegenleistung einforderten. Einfach aus dem Wunsch heraus, an den Ort zurückkehren zu können, der ihnen bisher so gutgetan hatte. Und der Ute S. unter anderen Bedingungen in dieser schweren Zeit auch weiter guttun würde. &bdquo;Ich weiß, dass es bundesweit im Verhältnis Studio – Kunde weitestgehend und überwiegend trotz der angespannten Coronasituation zu 95 Prozent gut klappt. Eventuell versucht es die Kundin unter Darlegung Ihrer gesundheitlichen Ängste nochmal bei dem Studio“, sagt Hans Geisler.Und in den meisten Fällen finden die Gesprächspartner auch einen Kompromiss - das bestätigte sowohl der Anwalt wie auch die Inhaber verschiedener Studios, mit denen nw.de sprach. Nur das Studio von Ute S. ließ ausrichten, dass es kein Interesse habe an einem Austausch.Diesen Standpunkt hatten die Verantwortlichen ihrer Kundin zuvor schon per Mail mitgeteilt: "... von unserer Seite ist alles gesagt, trotzdem hoffe ich sehr Dich in den kommenden Tagen wieder zum Training begrüßen zu dürfen", stand da geschrieben. "Das war ein Schlag ins Gesicht", sagt sie. Und ihre erneute Bitte, zumindest Tage zu sagen, an denen geimpfte Trainer vor Ort seien, sowie ihr Angebot, den Konflikt in einem persönlichen Gespräch zu klären, seien laut S. unbeantwortet geblieben. "Der Umgang spaltet die Gesellschaft, nicht das Virus."

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