"Unerträgliche Preise" Aus der Not heraus: Außergewöhnlicher Ausverkauf bei Bielefelds Modehändlern

Bielefeld. Dank Corona befindet sich der Einzelhandel im Dauer-Stresstest, erholt sich nur langsam vom Lockdown, stemmt sich auch zu Weihnachten gegen die weiterhin stagnierende Kundenfrequenz in der Innenstadt. Zwei kleine Geschäfte in der Bahnhofstraße und eins in der Niedernstraße symbolisieren einerseits das gegenwärtige Dilemma, fungieren andererseits aber auch als Signal gegen die Krise. Bei den Läden handelt es sich um &bdquo;Outlets“, präsentiert in sogenannten &bdquo;Pop-up-Stores“. Diese zeitlich befristeten Shops verkaufen Mode in sonst leerstehenden Geschäften. Allerdings keine aktuellen Kollektionen, sondern abgelaufene Saison-Ware, denn davon ist auch in Bielefeld während des Lockdowns zu viel auf den Bügeln hängen geblieben.&bdquo;Es geschieht aus der Not heraus“, sagt Marina Flötotto. Unter dem Namen &bdquo;Label Kitchen“ führen sie und ihr Sohn Florian sieben permanente Mode-und-Café-Boutiquen zwischen Sylt und Bielefeld – und bis Ende Januar noch den temporären achten in der Niedernstraße. Lange stand er ehemalige Telekom-Shop leer, doch seit November dienen die 80 Quadratmeter als Verkaufsstelle für die aufgestauten Designer-Textilien. &bdquo;Wir ersticken in Ware aus den sechs Monaten des Lockdowns und versuchen, sie jetzt zu fast unerträglichen Preisen zu verkaufen, um das Gleichgewicht im Laden zu halten“, erklärt die Geschäftsfrau den Grund für die spontane Eröffnung. Einzig ein großer Aufkleber, versehen mit einer nicht minder großen Prozentzahl, ziert das Schaufenster.&bdquo;Pop-up-Outlets absolut gut“ Eine ähnlich minimalistische Deko begegnet den Kunden auch bei den beiden Läden in der Bahnhofstraße: Das Modegeschäft &bdquo;Zero“ wandelte sich in ein Outlet und wirbt mit den hohen Rabatten ebenso wie ein paar Ladentüren weiter die einstige Pimkie-Boutique, in der jetzt noch die Restbestände diverser Mode-Marken bis voraussichtlich Ende Februar über den Ladentisch gehen.Thomas Kunz vom Handelsverband OWL findet die Pop-up-Outlets &bdquo;absolut gut“, denn sie seien eine deutlich bessere Lösung als ein Leerstand. Das Thema gehört seit diesem Sommer auch zum großen Aufgabengebiet des City-Teams. Charlotte Höpker und ihre drei Kolleginnen bilden in der Stadt die Taskforce, um das zu verhindern, was in anderen Innenstädten von NRW längst zum Alltag gehört – der Anblick leerstehender Geschäfte in den Fußgängerzonen. &bdquo;Noch befinden wir uns in Bielefeld in einer sehr guten Position, denn bisher gibt es kaum Leerstände: Die jüngste Zahl stammt von Anfang 2020, da lag der Leerstand bei 4 Prozent – in vergleichbaren Großstädten ist der Wert doppelt so hoch, und in kleineren Kommunen bewegt er sich oft schon zwischen 10 und 15 Prozent. Und Corona beschleunigt diese Entwicklung“, erklärt Höpker den Status quo der Stadt.Fördermittel für die Innenstadt Um mit eigenen Mitteln handlungsfähig zu bleiben, bewarb sich das Bielefelder City-Team gleich um Fördermittel beim Bund und schaffte es in dem Programm &bdquo;Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ in die zweite und letzte Runde. Erhält das Quartett für Bielefeld den Zuschlag, stünde zeitlich begrenzt und projektbezogen ein Budget von über einer Million Euro zur Verfügung.&bdquo;Damit könnten bei Bedarf auch Leerstände an prominenter Stelle angemietet werden, in denen dann Platz wäre für zeitlich begrenzte Pop-up-Stores“, sagt Höpker. Es gebe zwar viel Fluktuation in der Stadt, aber bisher keine besorgniserregenden Veränderungen.Center-Manager Jan Tangerding vom Loom kennt sich mit Fluktuation aus, herrscht unter seinem Dach mit den über 110 Mietern doch ein stetes Kommen und Gehen. So stehe er gerade in Verhandlungen mit einem ernsthaften Interessenten als Nachfolger für den zum Jahresende scheidenden Shop der ersten Stunde – Intersport Vosswinkel. &bdquo;Wir hoffen das Beste“, sagt er. Und auch Pop-up-Stores gehören im Einkaufszentrum zum täglichen Geschäft: &bdquo;Sie sind ein probates Mittel, um Leerstände zu kompensieren und Neues auszuprobieren, das machen wir ganz oft.“ Auch Marina Flötotto probiert mit dem Pop-up-Outlet etwas Neues aus, um Altes loszuwerden. Denn die Ware für die kommende Frühlings- und Sommerkollektion beansprucht schon wieder ihren Platz.

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