Bielefeld Neues Gesetz: Bielefelder Fotostudios in Existenzangst

Bielefeld. Andrea Eickhoff ist mit Leib und Seele Fotografin. Sie führt ein Fotostudio in Stieghorst. Als sie vom jüngsten Gesetzesentwurf des Bundesinnenministeriums hört, ist ihr sofort klar: "Dann muss ich mein Geschäft schließen". Denn der Entwurf sieht vor, dass Fotos für Personalausweise, Kinderpässe und Reisepässe in Zukunft direkt bei der Behörde und in Gegenwart eines Mitarbeiters gemacht werden müssen. So sollen sie vor Fälschungen geschützt werden. Passbilder - das sichere Standbein der Fotostudios Die Fotografin fürchtet um ihre Existenz - und sie ist nicht die Einzige. "Natürlich gibt es seit Bekanntwerden der Pläne des Innenministers Unmut unter den Fotografen", sagt Eickhoff. Das Geschäft mit den Passbildern sei das sichere Standbein der Fotostudios, rund 20 Kunden kommen im Schnitt pro Tag, um ein Passfoto machen zu lassen. "Etwa 70 Prozent meines Umsatzes würden dann wegfallen", sagt die 52-Jährige. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, richtete Eickhoff zusammen mit Klaus Ast und Heike Strauss, die Fotostudios in Brake und Spenge sowie in Heepen betreiben, ein Schreiben an die Bundestagsabgeordnete Wiebke Esdar (SPD). In ihrer Antwort versprach die bereits, sich dafür einzusetzen, dass am Ende ein Gesetz verabschiedet wird, "das auch die Fotofachhändlerinnen und -fachhändler in ihrer Existenz schützt". Darauf legt auch Klaus Ovenhausen wert. Der Obermeister der Fotografeninnung OWL sieht den Gesetzesentwurf für einige Fotostudios ebenfalls als existenzbedrohend. "Sicherlich müssten nicht alle Studios schließen, aber gerade für mittelständische Unternehmen würde so das wichtigste Standbein wegfallen", gibt er zu bedenken. Das sagt auch Christian Hamer von Picutre People, die eine Filiale im Bielefelder Loom betreiben: "Wenn das Passbildgeschäft wegfallen würde, hätte das ganz sicher erhebliche Auswirkungen auf uns und die Anzahl der in den Filialen tätigen Mitarbeiter." 11.000 Fotoautomaten für Pass- und Ausweisbehörden Das Bürgeramt der Stadt Bielefeld steht der Neuerung weniger skeptisch gegenüber. Dort gibt es bereits einen Foto-Automaten, der die digitalen Bilder direkt an den Mitarbeiter der Behörde sendet. "Wir haben mit dem Self-Service-Terminal gute Erfahrungen gemacht", sagt Volker Fliege, Leiter des Bürgeramts. Der Automat werde von den Bürgern auch sehr gut angenommen. Andere Städte hingegen, wie Stuttgart und Düsseldorf, äußerten aber bereits Bedenken, wie die neue Aufgabe beispielsweise auch personell bewältigt werden soll, denn laut Entwurf soll neben jedem Automat eine Aufsichtsperson stehen. Der Gesetzesentwurf sieht 11.000 solcher Selbstbedienungsterminals für die Pass- und Ausweisbehörden in Deutschland vor, in denen alle Bürger dann selbst biometrische Fotos machen sollen. Für Eickhoff unvorstellbar. "Wie sollen denn beispielsweise Senioren oder Säuglinge in diesen Automaten fotografiert werden?", fragt sie. Das sei es eben, was ein Fotostudio auszeichne, dass man auf die verschiedenen Kunden eingehen kann und am Ende ein Foto herauskommt, mit dem alle zufrieden sind - auch die Behörden. Direkte Übertragung der Fotos ohne Umwege Sowohl Klaus Ovenhausen als auch die Bielefelder Fotografen Eickhoff, Strauss und Ast sind dafür, die bisherige gute Zusammenarbeit der Behörden mit den Fotostudios weiterzuführen. Mit einer Zertifizierung beispielsweise könnten ausgewählte Fotografen weiterhin für Passfotos zuständig sein. Eine direkte Übertragung der Bilder ohne Umwege an die Behörde könnten sie sich auch vorstellen. Inzwischen ist auch Innenminister Horst Seehofer der Meinung, dass man die Fotografen nicht vollständig ausschließen sollte. Denn wenn die Fotostudios schließen müssten, würde es auch keine Bewerbungsfotos oder Führerscheinbilder vom Fachmann geben, wie Eickhoff zu bedenken gibt.

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