Bielefeld Streit um Neubau-Pläne an markantem Bielefelder Ort

Bielefeld. Der Konflikt um das Haus Petristraße 2, das als Einfallstor zum Viertel 5. Kanton gilt, verschärft sich. Weil das Gebäude auf einer möglichen Straßentrasse liegt, investierte die Stadt nicht. Es verfällt. Eine Initiative junger Bewohner des Viertels möchte hier gern einen Nachbarschaftstreff organisieren. Doch die Stadt ist reserviert. Eine Alternative strebt Karl-Jörg Kollmeyer an. Der Urenkel des Erbauers plant hier Wohnungen, im kernsanierten Altbau oder in einem Ersatzgebäude sowie in zwei Neubauten in der Baulücke daneben. Die Stadt steckt in der Zwickmühle. Mit PferdefuhrwerkenKollmeyer ist in dem Haus aufgewachsen. Sein Urgroßvater August Panhorst hat es 1896 gebaut und betrieb dort eine Transportfirma mit Pferdefuhrwerken. Die führte Sohn Heinrich Panhorst weiter, 1953 heiratete Karl-Heinz Kollmeyer ein und stellte den Betrieb auf die ersten zwei Lkw um. Heute leitet dessen Sohn Karl-Jörg Kollmeyer die Spedition mit rund 80 Lastwagen, die in Oldentrup stehen. Der 54-Jährige kann sich noch gut an seine Kindheit und Jugend im Haus Petristraße 2 erinnern. Bis Anfang der 1980er-Jahre gehört es noch der Familie. Doch die Stadt hatte das Grundstück längst mit einer neuen Straße überplant, einer Entlastungsstrecke zwischen Heckstraße und Hakenort im Zuge der geplanten B 66n. Die Trasse sollte frei gehalten werden. Die Stadt habe seinen Eltern nahegelegt, zu verkaufen, erinnert sich Kollmeyer. Und das taten sie. Seitdem gehört es der Stadt, die Baulücke daneben mit alten Schuppen und Garagen noch Kollmeyer. StraßenpläneDie Trasse blockierte über Jahrzehnte neue Pläne für das auffallende Gebäude an dem Übergang vom Hakenort. Karl-Jörg Kollmeyer sagt, er versuche seit 1992 das Areal zurückzukaufen. Vergeblich. Erst als bei der Stadt die Einsicht wuchs, dass die B-66n-Pläne politisch nie durchsetzbar sein werden, sei "etwas Bewegung" in sein Vorhaben gekommen, schrieb er in einem Brief an die Parteien in der Bezirksvertretung Mitte. Seitdem gab es Gespräche und Begehungen. Treff im ViertelParallel bemühen sich aber junge Bewohner des Viertels, darunter der letzte Mieter in der Petristraße 2 und Mieter des städtischen Nachbarhauses Hakenort 42, um das Gebäude. Sie verfolgen ein Nutzungskonzept mit günstigem Wohnen, Nachbarschaftstreff, selbst organisiertem Café und Notfall-Kita. Ein Dutzend der Initiatoren machte in der Fragestunde der Bezirksvertretung Mitte auf das gewünschte Projekt aufmerksam. Die Initiative geht davon aus, das Gebäude mit begrenztem Aufwand herrichten und dann nutzen zu können. Der Immobilienservicebetrieb der Stadt (ISB) hat daran erhebliche Zweifel. Die Baufachleute halten das wirtschaftlich nicht für machbar, so Jürgen Bültmann, kaufmännischer Leiter des ISB. Kollmeyer kann sich die Einbeziehung des Altbaus in sein Konzept vorstellen. Aber die Renovierung würde sechsstellige Beträge kosten. Aufregung um SkizzeDas Haus sieht mittlerweile erbärmlich aus. Die Stadt repariert nur das Nötigste. Die Initiative, zu der zeitweise auch die stadtweit agierende BISS (Initiative für sozialökologische Stadtentwicklung) zählte, wirft der Stadt vor, es nicht nur verfallen zu lassen, sondern teils sogar unbrauchbar gemacht zu haben. Und Kollmeyer wolle das Haus als Investor nur abreißen und durch einen Großbau, der nicht ins Viertel passe, ersetzen. Einen solchen enthielt eine Skizze, die ein befreundeter Architekt fertigte und ins Internet stellte und damit für Aufregung sorgte. Kollmeyer betont: "Das habe ich nicht beauftragt und will ich auch nicht umsetzen." Für ein Wohnprojekt würde er die Immobilie Petristraße 2 mit der ihm gehörenden Baulücke nutzen. Für den Altbau könne er sich eine Kernsanierung, aber auch einen Abriss mit Ersatzbau, der die alte Fassade erhielte und im Dach voll ausgebaut werde, vorstellen. Insgesamt rechnet er mit knapp zwei Dutzend Wohnungen. Dazu könnten eine kleine Pizzeria oder eine Kindereinrichtung kommen. Bürgerinfo im FebruarDie Bezirkspolitiker tun sich schwer. Immerhin haben sie die Streichung der Straßentrasse aus dem Flächennutzungsplan sowie eine Neuaufstellung des Bebauungsplans mit dem Ziel Wohnnutzung auf den Weg gebracht. Die Pläne liegen derzeit aus. Und am 5. Februar gibt es im Rathaus um 18 Uhr einen Erörterungstermin für die Bürger. Die politische Mehrheit versucht vorsichtig die Weichen in Richtung mehr Wohnungsbau zu stellen. Frederik Suchla (SPD): "Den Bebauungsplan haben wir auf den Weg gebracht." Doch die Bezirksvertreter sind hin- und hergerissen. Gerald Gutwald (Grüne): "Wir sollten die jungen Leute unterstützen. Aber bei der Bausubstanz bin ich skeptisch, dass die Pläne machbar sind." Zweifel am BedarfOb ein Bürgertreff in dem Viertel nötig wäre, ließen die Politiker vom Sozialdezernat prüfen. Das kommt zu dem Ergebnis, dass es keinen ausreichenden Bedarf für ein zusätzliches Gemeinschaftszentrum gebe. Außerdem sei der Standort Petristraße 2 am Rand des Stadtteils, an den sich Gewerbe anschließe. Der 5. Kanton sei ein "funktionierendes Wohnquartier", vergleichsweise gut mit Angeboten für Jung und Alt ausgestattet. Deshalb sei nicht mit Fördergeld für Projekte zu rechnen.