Bielefeld #notjustdown: Bielefelderin startet Online-Projekt für ihren Bruder

Bielefeld. Dass Menschen wie ihr jüngerer Bruder Marian Mewes (20) noch ganz kurz vor der Geburt abgetrieben werden dürfen, macht Tabea Mewes wütend. Nur, weil sie das Down-Syndrom haben. Wie bereichernd das Leben mit Marian ist, zeigt sie auf ihrer Internetseite und der zugehörigen Facebook-Seite. "#notjustdown" hat sie das Projekt genannt. "Menschen wie Mari sind alles andere als down", sagt Tabea. Marian sitzt neben ihr im Wohnzimmer ihrer Altbauwohnung, lächelt und legt ihr seine Hand auf den Arm. Das Projekt hat die 28-Jährige im Rahmen ihrer Masterarbeit im Fach Medienwissenschaft erstellt. Seit vier Monaten ist die Seite online. Sie gibt einen sehr persönlichen Einblick in die Lebenswelt von Marian (20) und auch von Paulina (25), einer Freundin aus der Nachbarschaft. Sie hat ebenfalls das Down-Syndrom. "Egal was kommt, wir haben immer einen Platz für Mari" Marian, meist nur Mari genannt, ist ein fröhlicher Mensch, sagt Tabea. Er ist lustig, kann gut trösten und zuhören und sich wirklich auf Sachen einlassen. Tief versunken und konzentriert zeichnet er stundenlang Figuren aus seinen Lieblingsfilmen: Harry Potter. Er mag Tiere und Musik und macht jeden Quatsch mit. Marian Mewes wohnt bei seinen Eltern in Schloß-Holte. Sein Cousin Cem ist sein bester Freund, er wohnt direkt nebenan. Genau wie Marians Oma, die er täglich besucht. Der junge Mann geht auf eine Förderschule mit berufsorientierter Ausrichtung. Es ist sein letztes richtiges Schuljahr, danach folgt eine Berufsfindungsphase und vielleicht auch schon sein erster richtiger Job. Wo, steht noch nicht fest. In der Schule haben ihm die Bereiche Metall- und Holzverarbeitung Spaß gemacht. Auch im Café, in dem seine Schwester arbeitet, hat er schon ausgeholfen. Das würde ihm auch gefallen. "Aber leider gibt es in der Gastronomie sehr wenig Arbeitsplätze für Menschen mit Down-Syndrom", sagt Tabea. "Aber egal was kommt, wir haben immer einen Platz für Mari frei." Mit "wir" sind sie und ihr Bruder Tilman (25) gemeint. Die drei Geschwister stehen sich sehr nahe, unternehmen viel zusammen. Auch in den Harry-Potter-Studios in London waren sie schon zusammen. "Das war cool, oder?", fragt Tabea. "Ja, ja!", Marian nickt begeistert. Er spricht anders als die meisten Menschen. Er nutzt nur wenige Worte, die oft etwas anders klingen als gewohnt. Das sei für Außenstehende anfangs nicht so einfach, sagt Tabea. Auf ihre Online-Initiative bekomme sie sehr viel positive Resonanz. Wirklich mutmachend sei es zu sehen, wie die Geschwister zusammenhalten, schreiben Familien aus ganz Deutschland, die Kinder mit Down-Syndrom haben. Aber auch Menschen, die vorher noch nicht mit dem Thema in Berührung gekommen sind, erreicht sie mit der optisch ansprechenden, positiven Herangehensweise an das Thema. "Das bestärkt mich, daran noch weiterzuarbeiten", sagt Tabea. Aber auch die Fakten kommen nicht zu kurz. "Die meisten Menschen mit Down-Syndrom lernen lesen, schreiben, rechnen und selbstständig zu leben. Über 90 Prozent der Mütter entscheiden sich nach der Diagnose Down-Syndrom für eine Abtreibung - und das, obwohl die Förder- und Therapiemöglichkeiten heutzutage so gut sind wie nie zuvor", berichtet Tabea. Etliche Infos hat sie zusammengetragen. Denn die meisten Menschen wüssten nicht wirklich, was das Down-Syndrom bedeutet. Dass nicht auf die Defizite, sondern auf die vielen positiven Eigenschaften geachtet wird, wünscht Tabea Mewes sich. Sie habe leider immer noch den Eindruck, dass Menschen wie Marian in der Gesellschaft oft unerwünscht seien. Auch, weil sie den Staat und die Kassen Geld kosten. Mewes will das Bewusstsein für Menschen mit Down-Syndrom in die Gesellschaft tragen und eine Idee davon vermitteln, warum eine Welt ohne Menschen wie Marian nicht lebenswerter ist. "Menschen mit Down-Syndrom 'leiden' nicht darunter, sie führen meist ein glückliches und erfülltes Leben." Weitere Informationen unter www.notjustdown.com und facebook.com/notjustdown.