Bielefelder Suchtklinik musste schließen - trotz guter Belegung

Bielefeld/Borgholzhausen. Die Fachklinik Casum zur Therapie für suchterkrankte Männer gibt es nicht mehr. Die Betreiber von der Bielefelder Drogenberatung haben die Klinik vor Kurzem schließen müssen, obwohl sie zu 95 Prozent bestens belegt und bei den Patienten äußerst beliebt war. Die Tagessätze, die die Drogenexperten mit der Deutschen Rentenversicherung (DRV) aushandeln konnten, ließen ihnen keine andere Wahl mehr, sagten die Geschäftsführer Cornelia Borgmann und Michael Wiese. &bdquo;In einem idyllisch gelegenen, alten Bauernhof in Borgholzhausen haben wir eine Klinik für die stationäre Entwöhnungsbehandlung von Drogenabhängigen eingerichtet", sagt Wiese. Seit 1981/82 wurde immer weiter ausgebaut. &bdquo;Am Ende waren unsere 32 Betten immer zu 95 bis 98 Prozent belegt. Die Patienten waren zufrieden. Aber das ist beim Betrieb einer solchen Klinik nicht alles", sagt Wiese. Die Ansprüche an solche Fachkliniken sind gestiegen. Neben der Belegung ist auch der Tagessatz entscheidend, den Krankenkasse oder Deutsche Rentenversicherung für die Patienten bezahlen. &bdquo;Diesen Satz handelt jeder Träger selbst mit der Deutschen Rente Westfalen aus", sagt Wiese. Und hier hatten die Bielefelder Betreiber offenbar keine überzeugenden Argumente: &bdquo;Ein Gutachten des Bundesamts für stationäre Suchthilfe besagt, dass ein Pflegesatz von 125 Euro pro Tag und Patient auskömmlich wäre. Wir dümpelten aber bei 108 Euro herum. Dieser Fehlbetrag summiert sich über das Jahr." Und das, obwohl die Deutsche Rentenversicherung mit ihren neuen &bdquo;Strukturanforderungen" (zum Beispiel sind inzwischen barrierefreie Einzelzimmer inklusive Nasszelle als Mindeststandard Pflicht) der Fachklinik vor vier Jahren größere Investitionen auferlegt hatte. &bdquo;Man hat uns dafür Zeit gegeben, aber um diese Anforderungen zu erreichen, hätten wir abreißen und mit mehr Betten neu bauen müssen", sagt Cornelia Borgmann. Doch bei diesem Vorhaben winkten die Banken als Kreditgeber ab: &bdquo;Die Frage nach der Art der Therapie wird sich ständig ändern, und somit sind auch ständig neue Anforderungen zu erwarten", hieß es von den Banken. Das seien Faktoren, die man als Betreiber trotz guter Arbeit nicht beeinflussen könne. Kuschelatmosphäre gegen Barrierefreiheit Dabei gebe es Patienten, die gar nicht unbedingt ein Ein-Bett-Zimmer und eine integrierte Toilette wollten, betont Wiese, der die Beliebtheit der Fachklinik auch auf die idyllische Lage und die bäuerlich-einfach-kuschelige Atmosphäre zurückführt. &bdquo;Bei einer Erhebung der DRV hatte die Fachklinik Casum die höchste Patientenzufriedenheit", sagt Wiese. &bdquo;Das zeigt doch, dass die Mindestanforderungen nicht unbedingt patientengerecht sind. Warum müssen sie überall gleich sein?" Die Deutsche Rentenversicherung Westfalen sieht das anders: &bdquo;Bei den Verhandlungen mit dem Träger war das Ziel, endlich Mindeststandards in der Ausstattung in der Fachklinik Casum zu erreichen", erklärt Jörg Grabenschröer. Trotz des über Jahre erbrachten Entgegenkommens der DRV &bdquo;wurden die Mindeststandards seitens des Trägers aber nicht ansatzweise realisiert". So erklärt Grabenschröer auch den niedrigeren Tagessatz:&bdquo;Zum einen wird weniger Leistung für die Patienten erbracht, zum anderen ist dies im Vergleich mit Kliniken, die diese Standards erfüllen, nicht zu rechtfertigen gewesen."Auch die Beschwerden der Betreiber auf politischer Ebene fruchteten nicht. Die Drogenberatung entschied sich schließlich zum Verkauf der Klinik. &bdquo;Hätten wir hier weitergemacht, hätte das die gesamte Arbeit der Drogenberatung gefährden können." 25 Mitarbeiter stehen plötzlich vor der Tür Borgmann und Wiese fanden im Dezember in der Stadt Borgholzhausen einen Abnehmer und zogen einen Schlussstrich. Wohl oder übel sprach der Verein zum Ende Juni die Kündigungen aus. Betroffen waren 25 Mitarbeiter, davon zwölf in Festanstellungen, die übrigen arbeiteten im Zuverdienstbereich. &bdquo;Viele von den Mitarbeitern reagierten mit großer Trauer", weiß Wiese. &bdquo;Manche haben dort jahrzehntelang gearbeitet." Einen Teil der Festangestellten konnte die Geschäftsführung nach Bielefeld und Detmold übernehmen, ein Teil ging in Rente, nur in zwei Fällen kam es zu juristischem Streit. Wiese glaubt, dass solche Kliniken künftig nur noch von großen Trägern betrieben werden, weil die quer subventionieren könnten. &bdquo;Die stopfen die Löcher durch andere Mittel." Große Kliniken mögen billiger und auch wirtschaftlicher sein, so Wiese. &bdquo;Aber ob die Erfolge in der Suchtmedizin auch größer sind, daran haben wir unsere Zweifel." Zumal es im ganzen Land immer weniger stationäre Einrichtungen wie Casum gebe. In Niedersachsen gewähre die DRV auskömmliche Tagessätze. Im gesamten Regierungsbezirk Detmold gebe es nun keine vergleichbare Klinik mehr. Grabenschröer: &bdquo;Die Nicht-Belegung der Klinik Casum mit 32 Betten wird zu keinerlei Versorgungsengpässen für die Betroffenen führen."

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