Bielefeld NW-Aktion "Ein Tag für Andere": Volontärin Vivien Tharun hat ihre Arbeitszeit dem Mädchenhaus gespendet

Bielefeld. Es ist später Vormittag am 29. Februar. An diesem Tag möchte ich meine Arbeitszeit dem Mädchenhaus und dem Clearinghaus Porto Amãl widmen. Besonders freue ich mich auf Porto Amãl - einer Art Wohnheim für geflüchtete Mädchen.Erst geht es aber zum Mädchenhaus in der Altstadt. Über gewundene Treppen gelange ich in den dritten Stock.Dort ist gerade Tagesbesprechung, als ich eintrete. Es gibt Kaffee und eine Einführung. Die Geschäftsführerin Birgit Hoffmann fragt mich, welche Arbeiten ich übernehmen könnte. "Ich mache alles, was anfällt", sage ich. Dann geht es los.Zuerst kommt die Büroarbeit. Es sind Akten zu sortieren und abzuheften. Nach einer Stunde steht die nächste Aufgabe an. Ich verlasse das Haus und gehe zum nächsten Ziel: Dem Clearinghaus Porto Amãl. Porto Amãl ist Deutschlands einziges Clearinghaus, das ausschließlich unbegleitete minderjährige Flüchtlingsmädchen aufnimmt. Sie bleiben dort solange, bis ihr Aufenthaltsstatus geklärt (Englisch "clear") ist. Sie stammen aus Ländern wie Syrien, Afghanistan, Pakistan und afrikanischen Staaten.So still wie im Büro ist es im Clearinghaus nicht. Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren laufen durch den Flur, rennen die Treppen hoch und runter, unterhalten sich oder essen zu Mittag. Es gibt Reis und Hühnchen. Am Tisch können zehn Mädchen gleichzeitig sitzen. Verschiedene Sprachen werden gesprochen.Hin und wieder piepst ein Handy. Durch ein kostenloses Programm auf ihren Telefonen halten die Jugendlichen Kontakt zu Freunden und Familie.Ein Mädchen aus Syrien erhält von Betreuerin Nicole Schulz ihren Asylantrag. Das Formular ist auf Deutsch und Arabisch geschrieben, so dass die Jugendliche verstehen kann, worum es darin geht."Wir haben leider nicht immer Übersetzer im Haus", sagt Schulz. Das Jugendamt zahle im Monat nur eine Stunde Dolmetschen pro geflüchtetem Mädchen. Die Syrerin muss bis Donnerstag warten, um ihren Asylantrag betreut ausfüllen zu können.Nachdem Schulz einige Sachen organisiert hat, bekomme ich Aufkleber mit arabischen Buchstaben. Die Schriftzeichen sind für eine Computertastatur vorgesehen. "Die Mädchen wünschen sich schon lange arabische Zeichen für den Gemeinschaftscomputer", sagt Schulz. Nach schriftlicher Anleitung klebe ich die Zeichen auf die Tasten. Ob jetzt wohl alles an der richtigen Stelle haftet? Ich weiß es nicht. Im Arabischen bin ich Analphabetin.Für den Rest des Arbeitstages heißt es: zuhören. Das ist für einige Bewohnerinnen oft schon genug. Die Mädchen erzählen mit ausladenden Gesten von neuen Frisuren, wie es in der Schule ist oder dass ihre Zimmerkollegin sie nervt. Und Putzdienst hat keine von ihnen gerne.Integrationshelferin Nasrin Haideri ist am frühen Nachmittag bei Porto Amãl, um die wichtigsten Anliegen der Mädchen zu klären. Haideri spricht Kurdisch und Arabisch und versucht in 30 Minuten so viel zwischen den Hausbewohnern und den Betreuern zu vermitteln, wie sie kann. Was ist ein Anhörungsbogen? Wann ist der nächste Amtstermin? Wie geht es den Mädchen gesundheitlich? Solche Fragen sind zu klären."Als Integrationshelfer versuche ich Brücken zu bauen", sagt Haideri. "Einige Mädchen wissen nicht, dass sie in Deutschland erst mit 18 volljährig sind - oder das Eintopf hier ein vollständiges Mittagessen ist."