Bielefeld Kita-Landschaft in Sorge

Bielefeld. Ein ordentliches Maß an Verwirrung ist in der Kita-Landschaft zurzeit zu erleben. Ebenen gibt es mehrere, eine ist die in der Politik diskutierte Beitragserhöhung. Hier spricht Elternvertreter Ingo Vollmer von einer "diffusen Angst der Eltern". Eine andere Ebene ist, dass die Träger den Druck der Stadt verspüren, ihre Plätze im 45-Wochenstunden-Bereich zurückzufahren. Andererseits behauptet die FDP, dass die 25-Stunden-Betreuung quasi gar nicht mehr zu bekommen sei.Vollmer (Jugendamtselternbeirat), weiß, "dass Eltern sich fragen: Wie viel wird es denn am Ende, wenn auch noch die Grundsteuer erhöht wird?" Bei einigen Eltern stehe durchaus der Urlaub zur Disposition.Er registriert aber auch andere Bereiche, die ihn verwundern. "An meiner Kita hat die Stadt für das nächste Kita-Jahr nicht das genehmigt, was Eltern-Wunsch war." Der 45-Stunden-Anteil sei reduziert worden - entgegen dem Bedarf. Vollmer: "Offenbar liegt Bielefeld hier deutlich über dem Landesschnitt - und nun werden, aus Kostengründen, die 45 Stunden zurückgefahren." Das bestätigen viele Träger, darunter der evangelische Kirchenkreis. Ute Eberlein: "Wir wollten mehr 45-Stunden-Plätze, mussten aber aus Kostengründen Abstriche hinnehmen." Jana Marnitz von der AWO bestätigt: "Auch wir sind angehalten worden, weniger 45-Stunden-Plätze zu buchen."Das Verfahren, in dem die Träger die Eltern im Herbst befragen, dann mit dem Jugendamt im November verhandeln - um dann mit der Meldung der Stadt an das Land am 15. März Sicherheit zu haben, ist ein kompliziertes Austarieren von Bedarf und Angebot. Raumsituation und Personalstruktur fließen mit ein.Berichtet wird, dass die Stadt versucht, die Kapazitäten möglichst präzise aufzufüllen, auch wenn dabei herauskommt, dass Kinder in etwas weiter entfernte Kitas gehen müssen. Das Angebot soll möglichst perfekt ausgelastet werden. Dass dabei, wie die FDP in einer Anfrage an das Land unterstellt, die 25-Stunden-Plätze gegen den Elternwillen fast abgeschafft wurden, bestätigen weder die Träger noch die Stadt. FDP-Chef Jan Maik Schlifter: "Wir hören immer wieder Beschwerden, dass viele Eltern eine höhere Betreuung beanspruchen müssen als sie eigentlich benötigen." Er leitet daraus ab: "Die gesetzliche Wahlfreiheit existiert in Bielefeld nur auf dem Papier."Die Zahlen dazu: Derzeit ist gut jedes zweite Kind 45 Stunden in der Kita und etwa jedes zwölfte Kind 25 Stunden.Hinter vorgehaltener Hand wird durchaus kolportiert, dass die 25-Stunden-Variante für die Träger nicht so attraktiv ist, weil hier die Kinder bereits vor dem Essen gehen und sowohl in der sozialen Anbindung der Kinder an andere Kita-Kinder als auch für die Kitas organisatorisch und in der Personalstruktur besondere Herausforderungen entstehen.Uwe Reeske vom Kita-Träger "Gesellschaft für Sozialarbeit" bestätigt diese Schwierigkeit: "Oft steigen Eltern vorsichtig ein und erkennen sehr schnell, dass die Kinder länger bleiben sollten - und dieses schnelle Ausweiten der Zeiten ist für uns schon ein Problem."Ute Eberlein von der Kirche kritisiert hier das Kinderbildungsgesetz, es sei zu unflexibel. "Familienleben ändert sich eben oft schnell, manchmal auch in einem Vierteljahr." Eberlein: "Etwas ketzerisch gesagt ist das Kibiz eine Planwirtschaft." Sie gibt aber auch zu: "Rein organisatorisch wären nur 35 und 45 Stunden am einfachsten." Doch was zähle, sei der Bedarf der Eltern. Zurzeit sei vieles in Bewegung, "wir haben sogar Abmeldungen, weil lieber das Elterngeld genommen wird". Wie ihre Kollegin Eberlein spürt auch Jana Marnitz (AWO) den Druck der Stadt, möglichst den 35er-Bereich auszubauen, beide aber wollen flexibel alle drei Varianten anbieten.Welche Rolle eine Beitragserhöhung - welcher Art auch immer und vielleicht im Mai - spielt, mag derzeit keiner abzusehen. Elternvertreter Vollmer: "In der Regel sind die Eltern auf 45 Stunden angewiesen - wenn das jetzt aber deutlich teurer wird, müssen wir mal abwarten, was passiert." Er findet, dass Eltern gegenüber Kitas ein Sonderkündigungsrecht haben müssten - "denn die Verträge wurden ja unter anderen Voraussetzungen geschlossen."Dirk Wittler von der Stadt sagt: "Bisher haben wir kaum Rückmeldungen, Tatsache ist, dass es immer weniger 25er-Gruppen gibt - und wenn Eltern wegen einer Beitragserhöhung wechseln wollen, dann müssen wir schauen, was wir ermöglichen können."