
Bielefeld. Angesichts anhaltender Niedrigzinsen fällt es Banken immer schwerer, mit Kreditvergaben Geld zu machen. Verstärkt nehmen sie daher nicht nur Firmenkunden aus dem Mittelstand, sondern auch reiche Privatleute ins Visier.
Für Privat- und Geschäftsbanken, aber auch für Sparkassen ist Vermögensverwaltung und -beratung seit jeher lukrativ. Nun drängen zwei neue Akteure aus dem genossenschaftlichen Lager auf den Bielefelder Markt. Zwei Volksbanken kommen sich erneut ins Gehege.
Gemeinsam mit dem bisherigen Niederlassungsleiter der Lampe-Bank in Bielefeld, Willi Ernst, hat die Volksbank Paderborn-Höxter-Detmold gerade die Vermögensberatungsgesellschaft "Werther und Ernst" gegründet. Der Name ist kein Zufall: 2011 hatte die Volksbank Paderborn den "Bankverein Werther" übernommen und war damit in den Bielefelder Markt vorgedrungen. Mit der davon gar nicht begeisterten Bielefelder Volksbank führte das sogar bis zum inzwischen beigelegten Streit vor Gericht. Nun will "Werther und Ernst" (70 Prozent der Anteile liegen bei der Volksbank Paderborn, 30 hält Ernst) "zu einer der größten Vermögensverwaltungen in unserem Geschäftsbereich" werden, so der Chef der Volksbank Paderborn, Ulrich Bittihn (1987 bis 2000 bei der Lampe-Bank).
Mit sechs Mitarbeitern will die Gesellschaft ab 2015 zunächst im Lenkwerk starten, ab 2016 ein eigenes Gebäude an der Altstädter Kirchstraße 6 beziehen – in direkter Nachbarschaft zum "Bankverein Werther". Bisher betreute die Volksbank Paderborn rund 3.000 gut betuchte Kunden mit einem Vermögen von insgesamt 1,6 Milliarden Euro in Kooperation mit der DZ Privatbank.
Auch die Volksbank Bielefeld-Gütersloh, 2013 durch Fusion entstanden, will Wohlhabenden ab 2015 in Bielefeld ihre Dienste in Sachen Vermögensberatung anbieten. Seit 2000 hat die Volksbank Gütersloh das Private-Banking-geschäft in Eigenregie betrieben.
Nach der Fusion soll "die Gütersloher Blaupause jetzt auf Bielefeld übertragen werden", sagt Werner Schönfeld, Leiter Vermögensmanagement bei der Volksbank Bielefeld-Gütersloh. Nun habe man offiziell "Marktzutritt" in Bielefeld. Sein Haus berät derzeit rund 4.000 Kunden mit einem Anlagevolumen von 1,2 Milliarden Euro. Davon kommen 1.000 Kunden und rund 400 Millionen Euro aus Bielefeld.
Mit zunächst sechs Mitarbeitern will sein Institut 2015 an den Start gehen. "Ziel ist es, in vier Jahren das Geschäftsvolumen sowie die Kundenzahl in Bielefeld zu verdoppeln und die Zahl der Betreuer auf 14 zu erhöhen", sagt Schönfeld.
Die Konkurrenz – Deutsche, Commerz-, Lampe-, Berenberg-Bank & Co. – sieht dem Auftritt der neuen Konkurrenten gelassen entgegen. Von langjährigen Beziehungen, von Vertrauen, davon, dass man ganze Familien über Generationen hinweg betreue, ist die Rede. Manchmal, so Insider, dauere es mehrere Jahre, einen neuen Kunden zu gewinnen.
Über 20 Banken und rund 100 Finanzdienstleister sind in Bielefeld tätig. Der Markt ist "heiß umkämpft", sagt etwa Frank Brüggemann, Leiter des Wealth Management bei der Commerzbank. Doch er bleibt "entspannt". "Schon viele sind gekommen, und viele sind wieder gegangen, etwa die Credit Suisse", sagt er. Die Commerzbank betreut mit 33 Mitarbeitern 3.300 Kunden und ein Vermögen von rund 2,3 Milliarden Euro in Bielefeld. "2013 sind wir gewachsen und in diesem Jahr rechnen wir im Wealth-Bereich erneut mit 5 Prozent Steigerung."
Auch Christoph Kaleschke, Sprecher der Sparkasse Bielefeld, rechnet kurzfristig nicht mit "Marktverschiebungen". Die Sparkasse gehöre zu den "großen Playern" unter den Vermögensberatern: "Wir sind nicht nur die Bank der normalen Sparer, sondern auch die der Millionäre."
Ostwestfalen-Lippe und gerade Bielefeld sind angesichts der wirtschaftlichen Lage und eines erfolgreichen Mittelstands ein verlockender Markt für Vermögensmanager. Wer ihre Dienste in Anspruch nehmen möchte, muss mit vollen Händen kommen: Bei einigen Banken gehen die Anlageberater den Gutsituierten schon zur Hand, wenn diese ein Vermögen von 150.000 Euro vorweisen können. Andere Institute nehmen nur Menschen, die mindestens eine Million Euro auf dem Konto haben.
Die Zahl der potenziellen Kunden ist zwar begrenzt, doch das Geschäft wächst trotzdem: Nach einer Prognose des Bundesverbandes der Volksbanken wird 2015 allein in Bielefeld das Vermögen, das für Kapitalanlagen zur Verfügung steht, um etwa 123,5 Millionen Euro anwachsen – durch Einkommen, Zinsen oder Gewinnausschüttungen. Der Markt sei trotz vieler Wettbewerber groß genug, meint Frank Brüggemann von der Commerzbank. Volksbanker Werner Schönfeld ist offen: "Wir werden nur wachsen, wenn wir anderen etwas wegnehmen."