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Bielefeld Kritik an Massenproduktion

Ein Jahr nach Fabrikeinsturz in Bangladesch: Designerinnen starten Aktion

von Heidi Hagen-Pekdemir
24.04.2014 , 02:22 Uhr
Lena Hasibether (l.), Katrin Stallmann und Katrin Sundmäker laden zur Aktion in ihr Atelier ein. - © FOTO: ANDREAS ZOBE
Lena Hasibether (l.), Katrin Stallmann und Katrin Sundmäker laden zur Aktion in ihr Atelier ein. | © FOTO: ANDREAS ZOBE

Bielefeld. Es war die größte Katastrophe in der Geschichte der Textilindustrie. Eine achtstöckige Fabrik stürzte am 24. April 2013 nahe der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka in sich zusammen. 1.138 Menschen starben, 2.438 wurden verletzt. Ein Jahr später erinnern drei Bielefelder Designerinnen die Öffentlichkeit an das verheerende Unglück.

"Mit dieser Fabrik ist auch das Image der Modeindustrie zusammengebrochen", sagt Katrin Sundmäker (45). Wie ihre Kolleginnen Lena Hasibether (35) und Katrin Stallmann (44) ist sie dem weltweiten Aufruf zum Fashion Revolution Day gefolgt. So wird der Gedenktag an die Katastrophe genannt, die in der glamourösen Welt lange Schatten warf.

Nicht verblassen sollen Erinnerungen an Bilder, die Menschen unter oft brutalen Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern zeigen. Gleichzeitig kritisieren die drei Bielefelderinnen die Entwertung von Kleidern. Katrin Sundmäker: "Zu Bergen türmen sich in den Sortieranlagen wenig getragene Klamotten. Mehr als die Welt gebrauchen kann." Dass mittlerweile Discounter schon Einkaufswagen in den Bekleidungsabteilungen einsetzten – für sie ein weiteres Indiz dafür, dass Mode zum Massenprodukt verkommen ist.

Mit viel Liebe und Aufwand haben die drei Designerinnen in den vergangenen Jahren jeweils ein eigenes Label aufgebaut. Nachhaltigkeit, der inzwischen inflationäre Begriff, prägt schon lange ihre Kollektionen. Sie entwickeln ihre Kollektion auch aus bereits getragenen Teilen: Schwarze Herrenhemden setzte Katrin Sundmäker zu einem ausgestellten Rock zusammen. Und Katrin Stallmann verwandelte eine abgewetzte Denimhose in ein schmales Kleid. Upcycling heißt diese Art der Müllvermeidung. "Zu oft landen Dinge in Sortierbetrieben, die noch gut sind", sagt Sundmäker. Was daraus werden kann, zeigt sie mit ihren Unikaten.

Weitere Denkanstöße geben wollen die Designerinnen mit ihrer Teilnahme am Fashion Revolution Day (s. Info). Das Plakat dazu fordert sinngemäß auf: "Sei neugierig", "Finde es (die Herkunft des Teils) heraus", "Tu was".

Weltweit werden heute engagierte Designer, Einzelhändler und Produzenten nachhaltige Produktionsverfahren vorstellen und Menschen auf die Herkunft ihrer Mode ansprechen.

Wie schwer zu kontrollieren häufig die Wege der Mode sind, weiß Lena Hasibether aus ihrer Zeit als Praktikantin in einem Textilunternehmen: "Die Aufträge gehen weiter an Klein- und Kleinstunternehmer." Ebenso hat sie erlebt, dass ein Musterteil zwischen Deutschland und Hongkong dreimal hin- und zurückgeschickt wurde, bis es als Prototyp zur Serienfertigung eingesetzt werden konnte.

Ein Jahr nach dem Fabrikeinsturz in Bangladesch wird berichtet, dass sich die Situation der meisten Arbeiter nicht wesentlich verbessert hat.