Kanada Ottawa - Die coole Hauptstadt

Ottawa. Alles rennt, alles flüchtet in das Chateau Lafayette, kurz &bdquo;The Laff“. Das Personal hinter der Theke ist sichtlich erfreut über den Kundenansturm, der einem kurzen, aber heftigen Regenschauer zu verdanken ist, der gerade über Ottawas Byward Market niederprasselt. Doch das Lafayette ist nicht etwa ein Schlösschen, wie der Name Chateau suggeriert, sondern nach eigenem Bekunden Ottawas älteste Kneipe, gegründet 1849 im Herzen des Stadtviertels Byward Market. Das Bier wird schon beim Bestellen bezahlt, wie in einem britischen Pub, auf Wunsch gibt es auch eine Kanne Tee. Schauspieler Dan Acroyd (Blues Brothers) war hier ebenso zu Gast wie Popsänger Justin Bieber. Byward Market in Ottawa ist ein geschäftiges Viertel mit einem großen Bauernmarkt unter freiem Himmel, Spezialitätengeschäften für Leckereien wie kanadischer Käse oder Schokolade mit Ahornsirup, vielen Kneipen und Restaurants. Die Gassen sind voller Straßenkunst und bunter Sitzgelegenheiten, den typisch kanadischen Adirondack Chairs. Boutiquen bieten Mode lokaler Designer an, Kunsthandwerk und Souvenirs. Als US-Präsident Obama 2009 Ottawa besuchte, legte er einen kurzen Stopp im Byward Market ein, um in der Patisserie Le Moulin de Provence für seine Töchter Cookies zu kaufen. Seitdem heißen die von ihm gekauften Kekse dort natürlich Obama-Cookies. Eine Spezialität, die jeder Ottawa-Besucher im Byward Market probieren sollte, sind Beaver-Tails. Das süße Schmalzgebäck in der flachen Form eines Biberschwanzes gebacken, wird stets frisch hergestellt und ganz nach Wunsch mit Süßem belegt. Ottawas Weg zur Hauptstadt Kanadas war steinig. Nachdem sich die britischen Kolonien Nieder- und Oberkanada (heute Quebec und Ontario) 1841 vereinigt hatten, waren zunächst Kingston, Montréal, Toronto und Québec nacheinander Sitz der Regierung. In den 1850er Jahren bewarben sich diese Städte offiziell um den Regierungssitz. Die britische Königin Victoria als Staatsoberhaupt sprach schließlich 1857 ein Machtwort und wählte Ottawa. Der britische Einfluss ist bis heute unübersehbar. So erinnern die Parlamentsgebäude stark an den Londoner Palast von Westminster. In Ottawa wird gerade der hundert Jahre alte, zentrale Parlamentsbau aufwendig renoviert. Geplante Kosten: fünf Milliarden Euro. Seine Existenz hat Ottawa auch einem Bauwerk zu verdanken, das heute noch für Erstaunen sorgt. Der 202 Kilometer lange Rideau Kanal verbindet die Hauptstadt und den gleichnamigen Fluss mit der Stadt Kingston am Ontariosee. Der nach dem Rideau-Fluss benannte Kanal wurde 1832 eröffnet und ist die älteste ununterbrochen benutzte künstliche Wasserstraße Nordamerikas. In Ottawa führt eine Treppe von acht Schleusen (insgesamt sind es 47) direkt am kolossalen Fairmont Hotel Chateau Laurier vom Ottawa River hinauf in den Kanal. Der wird im Sommer ausschließlich von Freizeitkapitänen genutzt und dient im Winter als längste Eisbahn Nordamerikas. Bei seinem knapp sechs Jahre dauernden Bau unter der Leitung des britischen Oberstleutnants John By war der Kanal strategisch signifikant als Barriere im damals schwelenden Kampf zwischen Amerikanern und Briten. Nicht zuletzt deswegen hieß das spätere Ottawa auch zunächst für einige Jahre Bytown. Einen guten Blick auf Teile des Kanals, über den Ottawa Fluss und auf die Parlamentsgebäude hat man bei einem Spaziergang durch den Majors Hill Park hinter dem Chateau Laurier. Im Frühjahr tauchen Abertausende blühende Tulpen den Park in eine bunte Farbpalette. Und das hat seinen Grund. Während die Niederlande im Zweiten Weltkrieg von deutschen Truppen besetzt waren, floh die damalige Kronprinzessin Juliana für drei Jahre ins Exil nach Ottawa. Aus Dankbarkeit für die Aufnahme in Kanada schickte das niederländische Königshaus nach dem Krieg 100.000 Tulpenzwiebeln nach Ottawa. Die Tradition wird bis heute aufrecht erhalten mit 10.000 neuen Zwiebeln Jahr für Jahr. Immer im Mai feiert die Stadt das Tulip-Festival. Ottawa gilt als eine der Festival-Hochburgen Kanadas. Blues- und Jazz-Musik, Classic Cars, Bier und Wein, Theater usw. Es gibt immer einen Grund zum Feiern. Ruhe findet der Besucher in der National Gallery mit vielen Werken europäischer Meister, mit kanadischer Kunst und Werken der First People und Inuit. Äußerst interessant und sehenswert: die Bilder der Group of Seven, einer Vereinigung kanadischer Landschaftsmaler, die sich der Natur und dem Leben in den kanadischen Weiten widmeten. Einen guten Überblick mit dem Vorteil des Aus- und Wiedereinsteigens nach Belieben bieten die Hop-on-hop-off Busse von Gray Line, die ganztägig alle wichtigen Stationen im weitläufigen Ottawa anfahren.Noch ein Blick in die nähere Umgebung Ottawas, der besonders Menschen interessieren dürfte, die an indianischer Kultur und an Pferden interessiert sind. Auf der M?dahòkì Farm, 20 Autominuten außerhalb von Ottawas Zentrum, gibt es einige der seltenen und in ihrer Existenz gefährdeten Ojibwe Spirit Horses zu sehen. Die relativ kleinwüchsige, sehr widerstandsfähige Pferderasse lebte seit Jahrtausenden rund um den Ontario See und diente den dort heimischen indigenen Völkern auf vielfache Weise. Auf der Farm lernt man die Pferde näher kennen und kann sich bei einem der PowWows der indianischen Kultur und den Überlieferungen der First Nations annähern.

Mehr zum Thema