Kreuzfahrt Abseits der Mega-Schiffe

Miami. Erst vor wenigen Wochen machte die US-Reederei Royal Caribbean International Schlagzeilen mit der Veröffentlichung von Details zu ihrem jüngsten Neubau Icon of the Seas. Das Schiff, das in Finnland entsteht, wird das größte Kreuzfahrtschiff der Welt mit Platz für 8.400 Menschen, inklusive Besatzung. Branchen-Mitbewerber Norwegian Cruise Line (NCL) geht mit der im Sommer in Dienst gestellten Norwegian Prima in die andere Richtung – und will damit eine für die Kreuzfahrt neue Zielgruppe ansprechen. Die 294 Meter lange Prima entstand in Italien auf der Fincantieri-Werft unweit von Venedig. Sie ist der erste von sechs Neubauten der neuen Prima-Klasse, die im Jahresturnus bis 2027 in die Flotte integriert werden und sie ist kleiner als das Schiff vor ihr, die Norwegian Encore. Während dort maximal 3.998 Passagiere Platz haben, reisen mit der Prima &bdquo;nur“ 3.100 Menschen. Bei einer Besatzungsstärke von 1.506 stehen an Bord mehr Crew-Mitglieder pro Passagier für den Service zur Verfügung. Damit und mit einem deutlich spürbaren großzügigerem Raumgefühl an Bord, möchte die US-Reederei sich weiter im Premium-Segment positionieren. &bdquo;Unsere Zielgruppe für die Kreuzfahrt sind mehr und mehr Resort- und Hotelgäste und wir gehen davon aus, dass 2023 wieder ein normales Jahr werden wird und wir weiter wachsen werden“, so NCL-Chef Harry Sommer. Mit diesem Premium-Schiff schaue man mit guten Perspektiven in die Zukunft, so Sommer selbstbewusst. NCL-Europachef Kevin Bubolz ergänzt, zur Philosophie des Kreuzfahrt-Anbieters gehöre es, eine flexible Flotte zu haben. &bdquo;Wir wollen eine Mischung im Größenangebot. Während in der Karibik ein großes Schiff als zusätzliche Destination gefragt ist, brauchen wir in anderen Destinationen ein kleineres, manövrierfähigeres Schiff, das auch kleine Häfen anlaufen kann.“ Für Reederei-Boss Harry Sommer sei die Norwegian Prima nun zur richtigen Zeit auf den Markt gekommen. Er spielt damit auf die Phase nach den ersten Corona-Jahren an, die der Branche einen zwischenzeitlichen Lockdown bescherte und die Reedereien um viel Geld brachte. Schwimmendes Premium-Resort Der NCL-Neubau ist ein schwimmendes Premium-Resort mit ausgefallenem Design. Das wird schon beim ersten Schritt von der Gangway ins Atrium deutlich. Der Mittelpunkt des Schiffes erstreckt sich auf den Decks sechs bis acht. Asymmetrisch angeordnete Treppenaufgänge und unterschiedlich überhängende Ebenen sorgen für ein beeindruckendes Raumgefühl. Das Atrium ist großzügig, die unterschiedlichen Sitzbereiche, zum Beispiel vor der großen Panoramafensterfront hinter einem Starbucks-Café auf Deck sieben, versprühen dennoch eine heimelige Atmosphäre und bieten gleichzeitig einen schönen Blick nach draußen. Die Passagiere können aus insgesamt 35 verschiedenen Unterkunftsformen auswählen. Von der Single-Kabine, sogenannten Studios, über Standard Außen- und Balkonkabinen bis zu Suiten auf bis zu 195 Quadratmetern im &bdquo;Schiff-im-Schiff-Komplex“ &bdquo;The Haven“. Reisende, die ab 7.937 Euro pro Person für eine 10-Tage-Kreuzfahrt von Island nach Norwegen und Großbritannien in einer Suite bezahlen, haben sogar exklusiven Zugang zu Privat-Fahrstühlen, die sie noch schneller und ohne lästige Zwischenstopps an ihr Ziel an Bord bringen. Dort im &bdquo;Haven“ können die Gäste einen spektakulären Infinity-Pool am höchsten Punkt des Schiffes genießen, diese &bdquo;Unendlichkeits-Pools“ gibt es aber in mehrfacher Ausführung auch für jedermann auf dem großzügigen Promenaden-Deck &bdquo;Ocean Boulevard“. Die besondere Breite, die so derzeit auf keinem Schiff herrscht, wurde durch die Bauweise des Schiffes möglich. Die Schiffsmotoren der Norwegian Prima, die übrigens noch mit herkömmlichem Marine-Diesel angetrieben werden, sind in der Mitte des Rumpfes verbaut. Das soll der Reederei zufolge zudem für mehr Laufruhe sorgen. Die &bdquo;Soleil Bar“ am Heck, recht nah an der Wasserlinie, wird dann schnell zu einem Lieblingsplatz. Unterhaltung an Bord Für Unterhaltung sorgt an Bord eine Kartbahn mit Elektro-Karts über drei Decks rund um den Schornstein des Schiffes. Von Deck 18 bis auf Deck 8 können Passagiere sich durch die Trockenrutschen &bdquo;The Rush“ und &bdquo;The Drop“ hinunterschlängeln. Statt eines klassischen Theaters mit starren Zuschauerrängen ist das &bdquo;Prima Theatre“ eine Branchenneuheit. Es lässt sich durch eine von Werft und Reederei entwickelten Technik innerhalb von 30 Minuten zur Großraumdisko &bdquo;Studio 54“ umwandeln. Zuschauerränge werden dafür ganz oder teilweise zurückgefahren, so dass vor der Bühne eine Tanzfläche entsteht. Ebenfalls neu in der Art: Die &bdquo;Indulge Food Hall“, aufgebaut wie eine Streetdood-Halle mit vielen gemütlichen Sitzecken im Innen- und Außenbereich am Heck des Schiffes. Ohne Extra-Kosten können Passagiere sich per Tablet am Tisch Gerichte von elf verschiedenen Ständen ordern. Angeboten werden unter anderem Barbecue-Spezialitäten, Burger und Fleischgerichte, aber auch indische, latein-amerikanische oder Nudelspezialitäten. Insbesondere zum Frühstück ist &bdquo;Indulge“ eine lohnende Alternative zu den klassischem Bedien-Restaurant und dem Büffett. Vielfältiges Angebot auf kompaktem Raum Der Neubau der US-Reederei Norwegian Cruise Line zeigt, dass es in der modernen Kreuzfahrt möglich ist, ein vielfältiges Angebot auf kompaktem Raum zu schaffen. Möglich, dass NCL damit eine Nische in der aktuellen Entwicklung des Marktes besetzt. So sprach Alexis Papathanassis, Professor für Cruise Management an der Hochschule Bremerhaven, gegenüber unserer Redaktion von einer &bdquo;Polarisierung des Marktes“. Auf der einen Seite stehen die großen Kreuzfahrtschiffe mit mehreren Tausend Passagieren, kleine Städte auf See, auf der anderen Seite gebe es zunehmend kleinere und luxuriöse Kreuzfahrtschiffe, sogenannte &bdquo;Boutique-Schiffe“. Die Norwegian Prima mit dem Premium-Anspruch des Anbieters ist genau dazwischen angesiedelt.

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