Sieh an! Warum die Serie "The Last of Us" nicht nur Zombie-Fans zu empfehlen ist

Braucht es das? Eine weitere Serie, die die Welt an den Abgrund treibt und Horden von Zombies das Ende der Zivilisation einläuten lässt? Die Antwort scheint klar: Denn schon jetzt bietet das Genre eine kaum zu überblickende Vielfalt an Produktionen. Von Erfolgsformaten wie "The Walking Dead" (2010 bis 2022, Netflix, Amazon Prime Video, Disney+) bis hin zu Geschichten, die das Publikum in ein historisches Setting entführen ("Kingdom", 2019, Netflix). Typischerweise sind es Untote, die Chaos stiften. Hinzu kommen Produktionen, in denen infizierte Lebende plötzlich aggressiv werden. In Summe erscheint das Ökosystem der Serien-Kannibalen ziemlich überbevölkert. Dabei bleibt der Kern immer gleich: Menschen verwandeln sich in rasende Bestien. Drumherum wird erzählerisch munter variiert. Gefühlt gibt es nichts, das es nicht gibt, aber auch nichts, was unbedingt noch kommen müsste. Doch einige Produktionen heben sich immer noch gewinnbringend vom bisherigen Angebot ab. "The Last of Us" gehört dazu. Die Adaption des gleichnamigen Videospiels schafft einen Mehrwert, der nicht nur für knallharte Genre-Fans interessant ist, sondern auch andere Zuschauer anspricht. Man könnte sagen: Sie ist die richtige Serie zur richtigen Zeit. Und vielleicht ist "The Last of Us" auch deshalb die erfolgreichste noch nicht abgeschlossene HBO-Produktion. "The Last of Us" kommt Zuschauern bedrohlich nah Mittlerweile ist die erste Staffel komplett erschienen. In Deutschland kann sie bei WOW und Amazon Prime Video gestreamt werden. Die Zuschauerinnen und Zuschauer begleiten darin den verbitterten Joel und die aufmüpfige Jugendliche Ellie auf ihrem Weg durch das postapokalyptische Nordamerika. Sehr oberflächlich betrachtet, bietet die Geschichte zunächst Bekanntes: aggressive Monster, Zusammenbruch der Gesellschaft, Überlebenskampf. Tatsächlich aber rückt die Serie das Geschehen auf verstörende Weise näher an die Lebenswelt ihres Publikums heran. So handelt "The Last of Us" nicht von Untoten, die auf unerklärliche Weise unter den Lebenden wandeln. Stattdessen ist das Szenario ungleich weltlicher und damit plausibler: Ursache des Desasters ist ein parasitärer Pilz, der die Menschen zu Wesen mutieren lässt, die Nicht-Infizierte beißen und den Pilz damit weiter verbreiten. Die Serie ist damit potenziell auch für ein Publikum interessant, das von klassischen Zombie-Erzählungen und ihren Logik-Lücken bisher abgeschreckt wurde. Denn so faszinierend das Motiv des Wiedergängers, des wandelnden Toten, für viele auch sein mag: Andere dürfte die Unerklärlichkeit des Phänomens ratlos zurücklassen. Natürlich ist "The Last of Us" nicht die erste Geschichte über einen Erreger, der Menschen in Monster verwandelt. Zu nennen wären hier "I am Legend" (2007, Netflix, Amazon Prime Video) oder "The Girl with all the Gifts" (2016, Amazon Prime Video). Verstörende Anker in der Realität Was das Szenario in "The Last of Us" aber davon abhebt und so richtig unheimlich macht, ist die Tatsache, dass der Serien-Pilz real existierende Verwandte hat. Wie in "The Last of Us" heißen sie Cordyceps und sind dafür bekannt, vor allem Insekten zu befallen. In der Serien-Welt hat der Pilz allerdings den Übersprung auf den Menschen geschafft. Erklärt wird das mit der Klimaerwärmung. Neben dem Pilz selbst wäre das ein zweiter Anker in unserer Realität, verbunden mit der Warnung vor der selbstzerstörerischen Natur des Menschen. Das Spannende an "The Last of Us" ist also, dass die Serie den Schrecken in unserer Wirklichkeit gründet. So vermittelt die Geschichte das beklemmende Gefühl, dass ein ähnliches Szenario schon morgen eintreten könnte. Dabei bricht die Erzählung mit der Realität, ohne den Raum des Möglichen, zumindest aber des Denkbaren zu verlassen. Damit geht sie auf Distanz zu üblichen Zombie-Geschichten. Denn dort besteht der Horror meist darin, dass etwas Unerklärliches (lebende Tote) in eine Welt eindringt, die ansonsten der unseren gleicht. In "The Last of Us" macht gerade das Erklärbare, das Plausible, den Schrecken aus. Doch schon das Fundament all dessen begeistert. Da ist zunächst das intensive Spiel der beiden Hauptdarsteller. Pedro Pascal ("The Mandalorian") schafft bei seiner Verkörperung des Joel den schwierigen Spagat zwischen äußerer Härte und innerer Verletzlichkeit. Die gefährliche Umwelt verlangt seiner Figur zwar Stärke und Unbarmherzigkeit ab. Doch die Dämonen seiner Vergangenheit haben ihn seelisch längst gebrochen. In diesem Zustand trifft er auf Ellie, grandios dargestellt von Bella Ramsey ("Game of Thrones"). Ramsey mimt die immune 14-Jährige als eine Jugendliche, die von der Widrigkeiten der Welt abgehärtet erscheint, damit letztlich aber nur eine Fassade aufbaut. Kein Komfort moralischer Eindeutigkeit Bei alldem bieten die Serienmacher ihrem Publikum nicht den Komfort moralischer Eindeutigkeit. In der Welt von "The Last of Us" ist so gut wie niemand einfach gut oder schlecht. Man fühlt und hadert mit den Figuren. Das Publikum grübelt über ihre moralischen Zwickmühlen, bis beeindruckende Schauwerte (pilzüberwucherte Infizierte, verwilderte Großstädte) die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Braucht es "The Last of Us" also wirklich? Die Antwort ist ein klares Ja. Die erste Staffel macht definitiv Lust auf mehr. Allerdings ist mit dem Erscheinen der zweiten laut Bella Ramsey wohl erst Ende 2024, Anfang 2025 zu rechnen. Kontakt zum Autor

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