Es ist das Jahr 2001, als Ken Jebsen sich als Radiomoderator einen Namen macht. Weil er anders moderiert, neue Konzepte probiert, mutiger und lauter ist. Jebsen ist Sprechtalent und als solches wird er mit der Sendung "Ken FM", damals noch beim Radiosender Fritz (RBB), einem immer größeren Publikum bekannt. Er ist witzig, ein guter Entertainer. Bis er 2011 entlassen wird.
Es ist das Jahr 2021, als Youtube wegen wiederholter Verstöße gegen die Plattformregeln Jebsens reichweitenstarken Kanal "Ken FM" endgültig sperrt. Wenige Monate später kündigt Jebsen in einem Video an, die Stadt Berlin, Deutschland verlassen zu wollen, um, so sagt er, in Ruhe arbeiten zu können. Damals, so berichteten es WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung, wird das seit 2012 bestehende Medienportal "Ken FM" bereits vom Berliner Verfassungsschutz beobachten.
2001 bis 2021, das sind 20 Jahre, in denen aus dem ursprünglich zumindest nach außen smart wirkenden Moderator ein Verschwörungsideologe wurde, der zuletzt mit kruden Ideen etwa über das Engagement von Bill und Melinda Gates in der Corona-Krise Millionen Menschen im Netz erreichte. Was ist passiert mit Jebsen? Dieser Frage stellt der Podcast "Cui Bono - WTF happened to Ken Jebsen".
Den Spieß umdrehen
"Cui Bono" heißt "wem zum Vorteil", also: wem nützt es? Eine beliebte Frage unter Verschwörungsideologen. Der Podcast will den Spieß umdrehen und fragt stattdessen: Was treibt Ken Jebsen an? "Geht es ums Geld, geht es um Macht, geht es am Ende nur ums Ego? Oder geht es um Hintermänner, die ganz andere Absichten verfolgen?", fasst es der Journalist Khesrau Behroz zu Beginn der Reihe zusammen.
Die Redaktion um Behroz, Pascale Müller und Sören Musyal spricht mit Weggefährten Jebsens, mit Experten, versucht, Geldquellen zu recherchieren. Auch Jebsen selbst habe die Redaktion angefragt, aber nie Antwort erhalten. Die Recherche für den sechs Folgen langen, von Studio Bummens, NDR, rbb (fünf Folgen) und K2H produzierten Podcast, bleiben nicht in Deutschland, sondern führen in die USA, nach Russland, sogar auf die Krim. Sie führen aber auch in die 90er. Zurück zu Jebsens gescheiterten Versuchen, im deutschen Fernsehen Fuß zu fassen.
Eine Gratwanderung
Die Reihe ist spannend, die Folgen nie zu lang und dicht mit Informationen gefüllt. Was "Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?" aber besonders gut macht: Die Reihe informiert und tappt dabei nicht in die Falle, den Verschwörungserzählungen Jebsens eine Bühne zu bieten. Zwar ist Jebsen in diversen O-Tönen zu hören. Aber eben nur eingebettet in den entsprechenden Kontext, der das Abdriften des 55-Jährigen, der eigentlich Kayvan Soufi-Siavash heißt, in immer festeren Verschwörungsglauben darstellt.
Ein Abdriften in diese Richtung ist heute längst kein Problem einer kleinen Blase im Internet mehr. Das macht das Thema so wichtig. Die Entwicklung der selbsternannten "Querdenker-Bewegung" in der Corona-Krise hat das gezeigt. Und so dreht sich "Cui Bono" letztlich nicht nur um die Person Jebsen. Die Reihe zeigt eindrucksvoll, wie sich Verschwörungsmythen wie ein Gift in der Gesellschaft ausbreiten. Und lässt erahnen, welche Folgen das haben kann.
INFORMATION
Überall, wo es Podcasts gibt
Die sechs Folgen der Reihe "Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?" sind mit herkömmlichen Podcast-Apps hörbar.
Darüber hinaus steht die Reihe in der ARD-Audiothek zur Verfügung.