Weihnachten gilt als Fest der Liebe, der Familie und der Besinnlichkeit. Doch nicht selten wird aus dem idyllischen Bild des harmonischen Beisammenseins ein Szenario des Zwists und der Enttäuschung. Wir haben ein paar Tipps zum gemütlichen Beisammensein unterm Weihnachtsbaum gesammelt.
Während der Tannenbaum im festlichen Glanz erstrahlt und die Großeltern voller Vorfreude auf den Heiligabend warten, lauern hinter dem Schein oft ungelöste Konflikte und hohe Erwartungen, die das friedvolle Weihnachtsfest zur Zerreißprobe werden lassen können.
Wie kann man also Weihnachten überstehen, ohne dass die festliche Stimmung unter den Streitigkeiten mit Onkel und Tante, zwischen Geschwistern oder Eltern und Kindern leidet? Unsere Tipps für ein friedliches Weihnachtsfest helfen dabei, Konflikte zu erkennen und bewältigen zu können.
Häufige Konflikte in der Familie zur Weihnachtszeit
Grundsätzlich nehmen laut Andreas Zick, Leiter des Institutes für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld, während der Weihnachtszeit statistisch gesehen ausartende Konflikte zu.
„In der Vorweihnachtszeit sind es vor allen Dingen öffentliche Konflikte, weil die Hektik zunimmt, die Erwartungen an das Fest hochgefahren werden, weil es enger wird“, erklärt der Forscher.
Was sind die häufigsten Streitthemen an Weihnachten?
Die Weihnachtszeit rückt näher und mit ihr oft viele Erwartungen und To-do-Listen. Die Geschenke müssen rechtzeitig besorgt, alle Familienmitglieder eingeladen und das Weihnachtsessen geplant werden. Das besinnliche Weihnachtsfest kann so schnell sehr stressig werden.
Und auch die Feiertage selbst bieten ein hohes Konfliktpotenzial in Familien. Wenn alle Familienmitglieder zusammen am Tisch sitzen, kann es bei kritischen Themen zu Auseinandersetzungen kommen.
Die häufigsten Streitthemen an Weihnachten sind:
- zu hohe Erwartungen an die Harmonie
- Ablauf oder Organisation der Weihnachtstage
- Generelle Beziehungsprobleme
- Aufgabenverteilung während der Weihnachtstage
- (Gefühlte) Benachteiligung oder Bevorzugung
- Weihnachtsessen
Zu viel Nähe mit der Familie als Auslöser für Gewalt
Zu viel Nähe unter den Familienmitgliedern, fehlende Konfliktfähigkeit sowie Alkohol und Drogen seien weitere Auslöser für Gewalt. Allerdings taucht diese nicht direkt an den Feiertagen in der Öffentlichkeit auf. „Nach Polizeiberichten scheint es so, dass die Gewalt nach den Feiertagen, also zeitversetzt, auftaucht“, meint Zick.
Das bestätigt Katharina Felsch, Pressesprecherin der Polizei im Kreis Gütersloh. „Wegen häuslicher Gewalt hatten wir in den vergangenen Jahren sehr wenig Einsätze an Weihnachten“, sagt sie.
Die Zahl sei während der Pandemie noch einmal zurückgegangen. Aber: „Es gibt sicherlich eine hohe Dunkelziffer“, so Felsch. Nicht jeder Konflikt wird zur Anzeige gebracht.
Konflikte mit der Familie an Weihnachten haben oft ein Muster
Vielen weihnachtlichen Konflikten liegt ein ähnliches Muster zugrunde: In den Familien könne es laut Andreas Zick passieren, dass Menschen sich mit überzogenen und romantisch verzerrten Erwartungen treffen. Dies pralle mit der Hektik und von Nähe geprägten Situation aufeinander. Eltern und Kinder kommen an den Feiertagen zusammen, die Wünsche und Erwartungen an die anderen Familienmitglieder sind dabei unterschiedlich.
Die sozialen Vergleiche nehmen zu, ebenso die Aufregung und damit die Gefahr, dass sie als Ärger und Wut interpretiert wird. Die Nähe wird schnell als Enge empfunden und persönliche Nachfragen als Kontrolle. In den ritualisierten Zeiten entladen sich bislang nicht ausgetragene Konflikte.
Tipps für ein friedliches Weihnachtsfest in der Familie
Was also tun, damit die Situation nicht eskaliert? „Die einfachste Antwort wäre, realistisch bleiben“, so Zick, wenngleich dies schwierig sei. „Ich würde raten, die Erwartungen abzuklären, auf den Konsum von Drogen, insbesondere Alkohol zu achten, unrealistische Erwartungen herunterzufahren. Und man sollte nicht meinen, nur weil die Außenwelt die glückliche Familie erwartet, müsse etwas hergestellt werden, was vorher nicht war.“
Vorbereitung und Planung
- Frühzeitig planen: rechtzeitig mit den Vorbereitungen beginnen, um Hektik zu vermeiden
- To-do-Liste anlegen: Eine Liste, auf der alles steht, was erledigt werden muss, bietet Übersicht
- Aufgaben verteilen: Arbeiten rund um das Fest, wie Kochen und Schmücken aufteilen
Kommunikation und Flexibilität
- Erwartungen an die Familie nicht zu hoch ansetzen
- Wünsche an das Verhalten der anderen direkt äußern
- Streitthemen – wie Politik, Religion oder Erziehung – außen vor lassen
1. Vorstellungen gemeinsam besprechen
Jedes Familienmitglied hat eigene Vorstellungen und Wünsche vom „perfekten Weihnachten“ im Kopf. Daher kann es hilfreich sein, diese vorab ehrlich zu kommunizieren und sich darüber auszutauschen, welche Rituale und Ideen gemeinsam umgesetzt werden.
Wahrscheinlich kann nicht jeder Wunsch berücksichtigt werden. Ein Gespräch im Vorfeld kann aber dazu beitragen, unausgesprochene Erwartungen zu adressieren, Konflikte am Weihnachtsabend selbst zu vermeiden und Kompromisse zu finden.
Wie wäre es zum Beispiel zur Abwechslung damit, dass nicht die Gastgeberin oder der Gastgeber alleine kocht, sondern die ganze Familie zusammen? Jeder kann etwas mitbringen und mithelfen. Das gemeinsame Kochen sorgt für die Unterhaltung aller Anwesenden und nimmt die Last von den Schultern einer Person.
2. Traditionen brechen und sich von falschen Idealen befreien
Das Ideal des „perfekten Weihnachten“ ist gesellschaftlich tief verankert, zugleich aber oft der größte Stressfaktor. In der Adventszeit werden wir von allen Seiten mit Bildern der perfekten Familie konfrontiert. Der Vergleich mit der Realität kann Druck verursachen.
Dabei geht es beim Weihnachtsfest nicht um die glänzende Dekoration, den perfekten Gänsebraten oder die teuersten Geschenke. Viel wichtiger, ist das Beisammensein mit Familie und Freunden – die Zeit bewusst genießen und Dinge locken angehen.
Wieso feiern wir Weihnachten? Rituale, Bedeutung und besondere Traditionen
Wer sich vom romantisierten Idealbild des perfekten Weihnachtfest löst und stattdessen das chaotische Durcheinander und die eigene Familie – mit all ihren kleinen Fehlern und Macken – so annimmt, wie sie ist, erspart sich sehr viel Anspannung.
Auch nicht jede Tradition muss Jahr für Jahr genau gleich ablaufen. Vielleicht bringen manche Rituale sogar mehr Stress als Freude. Meistens sind es sowieso die spontanen, ungeplanten Momente, die am schönsten in Erinnerung bleiben. Und wer weiß, vielleicht entstehen so neue Traditionen – ganz ohne Druck und Stress.
3. Minimalistische Geschenke
Geschenke sind oft ein großer Teil des Weihnachtsstresses. Anstatt für jede und jeden das perfekte Geschenk zu kaufen, kann es entspannter sein einen anderen Ansatz zu wählen. Gemeinsame Ausflüge oder Aktivitäten sind oft persönlicher, weniger kostspielig und aufwendig als materialistische Geschenke.
Oder wie wäre es mit einem DIY-Geschenk – selbstgemachte Marmelade, Bonbons oder Pralinen. In einem kleinen Gläschen kann jede Menge Liebe stecken und den Beschenkten Freude bereiten. Das Praktische: Die DIYs können an alle verschenkt werden, sodass viel Zeit, für jede Person das Richtige zu finden, erspart bleibt.
Eine andere Idee, um den Geschenke-Stress zu vermeiden, ist in der Familie oder unter Freunden zu wichteln. So muss jede Person, sich nur Gedanken um ein Geschenk machen und kann sich trotzdem über eine persönliche Überraschung freuen.
Wichtelgeschenke und DIY-Ideen: Günstige und selbst gemachte Wichtelgeschenke für jeden Anlass
4. Rückzugsorte schaffen
So schön das chaotische Durcheinander im Familien-Beisammensein auch sein mag – an Weihnachten kann es doch schnell zu viel werden. Deshalb ist es wichtig, bewusst Pausen einzuplanen, um sich zu erholen. Ein kleiner Spaziergang, eine Tasse Tee oder ein guter Weihnachtsfilm können helfen, um wieder Energie aufzutanken.
Außerdem sollten private „Schutzräume“ geschaffen werden – als Rückzugsorte.
Wenn bereits Gewalterfahrungen vorliegen, helfen Beratungsstellen. Ohnehin aggressive Familienmitglieder machen während der Festtage keine Pause. Wichtig ist also, dass sich Eltern und Kinder, die sich das ganze Jahr gar nicht oder nur selten sehen, während der Weihnachtsfeiertage auch räumlich zurückziehen können.
5. Zusammenhalt an Weihnachten wiederherstellen
Zusätzlich kann es helfen, sich darauf zu besinnen, was Weihnachten früher besonders gemacht hat. „Es waren oft nicht die Geschenke, sondern Erfahrungen von Zusammenhalt, von gegenseitiger Hilfe. Und die Erkenntnis, dass am Ende materielle Geschenke Konflikte nicht verhindern und nicht relevant sind“, so der Experte.
Am Ende ist das Wichtigste, die Feiertage bewusst zu genießen und sich Zeit für seine Liebsten zu nehmen. Ob das nun die Familie, die Freundinnen und Freunde oder auch nur die Partnerin oder der Partner ist – bleibt jeder Person selbst überlassen. Mit realistischen Erwartungen, ehrlicher Kommunikation und Gelassenheit, können Sie Weihnachten als Fest mit Herz in vollen Zügen genießen.
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Tatsächlich könne über die Feiertage so ein nachhaltiger Lerneffekt einsetzen. „Solche ritualisierten Zeiten können auch dazu dienen, dass wir lernen, die Konflikte zu regulieren, sie so zu gestalten, dass danach der Zusammenhalt wieder hergestellt ist“, sagt Zick. Damit lässt sich Stress vermeiden und es kann die gewünschte Ruhe zu den Weihnachtsfeiertagen einziehen.