Lauftrend Joggen: Für wen Streak-Running geeignet ist

Bielefeld. Wer Jogger werden möchte oder nach längerer Pause wieder einsteigt, für den gehört der Kampf gegen den inneren Schweinehund zur größten Herausforderung. Ist diese innere Abwehr überwunden und das Laufen zur Gewohnheit geworden, ist das Aufraffen kein Problem mehr. Streak-Running könnte den Weg zur Gewohnheit ebnen. Aber nicht für jeden, sagen Lauf-Forscher: Was ist Streak-Running?Das auf den ersten Blick reizvollste am Streak-Running ist wohl, dass der Läufer nicht viel können muss. Streak-Running kommt aus den USA. Die Hauptbedingung ist es schlicht, mindestens 1,6 Kilometer zu laufen. Allerdings ausnahmslos jeden Tag. Wer einmal aussetzt, beendet den Streak (Deutsch: Streifen, Strähne) und muss neu anfangen. Die Geschwindigkeit oder Beschaffenheit der Strecke spielen beim Streak-Running keine Rolle. Auch der Zeitaufwand hält sich in Grenzen. Ungeübte dürften die 1,6 Kilometer, etwa eine Meile also, in 20 Minuten schaffen. Ist Streak-Running auch für Anfänger geeignet?Unter bestimmten Voraussetzungen ja, sagt Sportpsychologe Oliver Stoll. Wem es nicht darum gehe, schnell zu sein oder schneller zu werden, nicht darum, die Leistung zu verbessern, sondern einfach darum, sich läuferisch zu bewegen, für den sei Streak-Running gut. Das gelte jedenfalls für gesunde Menschen, betont Stoll. Sportwissenschaftler Ingo Froböse schränkt für Anfänger ein: Tägliches Laufen sei nur sinnvoll, wenn der Körper die entsprechenden belastbaren Strukturen aufweise. "Diese sind erst nach vier bis sechs Monaten Training vorhanden." Für wen ist Streak-Running nicht geeignet?Dem Motto der im Jahr 2000 gegründeten amerikanischen "Running Streak Association, Inc." zufolge, müssen deren Mitglieder jeden Tag laufen, um den Streak zu erhalten, auch bei Krankheit und bei einer Verletzung. Doch während eines Infekts, mit Gelenkbeschwerden oder anderen Einschränkungen zu laufen, sei gefährlich, nicht nur für Anfänger, mahnen alle befragten Lauf-Experten. "Streak-Running ist aus sportwissenschaftlicher Sicht nur dann sinnvoll, wenn der Läufer an die richtige Be- und Entlastung denkt. Die Entlastung ist wichtig für das Immunsystem, sonst könnte bei Anfängern das Infekt-Risiko steigen. Wenn ein Läufer orthopädische Beschwerden oder einen Infekt ignoriert, um den Streak nicht zu unterbrechen, kann das schwerwiegende Folgen für die Gesundheit haben", sagt Sportwissenschaftler und Lauf-Trainer Milan Dransmann. Wenn das tägliche Laufen als Zwang und Druck empfunden wird, könne dies auch zur mentalen Überforderung führen, sagt Froböse. Die Veränderung im KopfDie gute Nachricht: Laufen kann zur Gewohnheit werden, die man nicht mehr hinterfragt. Und Läufer können sich, wenn sie sich nicht überfordern, eine ordentliche Portion gutes Gefühl verschaffen. "Dieses Feeling-Better-Phänomen kann bis zu vier Stunden andauern. Man fühlt sich entspannter und positiver gestimmt", sagt Stoll. Dransmann: "Neurobiologische Studien zeigen, dass bis zur Herausbildung einer Gewohnheit durchschnittlich acht Wochen vergehen. Beim Streak-Running hieße das, circa 60 Tage am Stück zu laufen. Es kann innerhalb dieser acht Wochen aber auch zur Gewohnheit werden, einmal in der Woche zu laufen." Die Veränderung im KörperPausen sind wichtig für den Körper, egal ob jemand sieben Tage bewusst und langsam läuft oder dreimal in der Woche schneller und intensiver. "Leistungsverbesserung findet in den Regenerationsphasen statt. Um das deutlich zu machen, kann man sich das Training als Infekt vorstellen, der den Körper angreift. In der Erholungspause baut der Körper Strukturen auf, um dem nächsten Training, in diesem Bild dem nächsten Infekt, besser gewachsen zu sein", sagt Dransmann. Sport löse im Körper verschiedene Anpassungsprozesse aus. "Diese vollziehen sich zunächst auf Ebene der Muskelansteuerung. Die weitreichendste Veränderung vollzieht sich auf Ebene des Nervensystems. Damit auf Letzterer überhaupt etwas passiert, muss man aber mindestens vier Wochen trainiert haben." Geht's auch mit weniger Lauf-Tagen?Ja, das geht. Die befragten Experten raten ohnehin, das Lauftraining an den eigenen Zielen und Möglichkeiten auszurichten. "Pauschal lässt sich nicht sagen, ob es besser ist, zwei- oder sieben Mal in der Woche zu trainieren. Neben der Häufigkeit ist schließlich auch die Intensität und der Umfang des Trainings entscheidend", sagt Dransmann. Fehler beim Laufen"Ein häufiger Fehler von Anfängern ist, dass sie zu schnell laufen", sagt Stoll. Nach dem Laufen könne sich ein positives Gefühl, eine Entspanntheit einstellen. Wer aber zu schnell unterwegs sei, spüre stattdessen Erschöpfung und Schmerzen. Schlank durch Streak-Running?"Man kann mit Sport nicht abnehmen", sagt Froböse. "Der Kalorienumsatz reicht nicht." Schon gar nicht, wer beim Streak-Running bei der Mindeststrecke von 1,6 Kilometern bleibe. Auf dieser Strecke verbrenne der durchschnittliche Läufer circa 200 Kalorien. "Es geht beim Abnehmen durch Sport um einen anderen Effekt", erklärt Froböse: "Darum, dass der Körper mehr Energie verbrennt, auch wenn er nicht läuft". Dafür müssten aber die entsprechenden Strukturen, etwa die Muskeln, erst einmal aufgebaut werden. Das richtige LauftrainingBesonders Anfänger sollten sich erst einmal subjektiv unterfordern, rät Froböse. "Man muss beim Laufen reden können." Ausreichend Sauerstoff sei wichtig. Tipp des Experten: Vier Schritte zum Ein- und vier Schritte zum Ausatmen nutzen. Jeden zweiten Tag mindestens 30 Minuten zu laufen, sei gut. Ein zusätzliches Muskeltraining zwei bis dreimal in der Woche biete sich an. Die Muskeln erfüllen beim Laufen eine Stoßdämpferfunktion. Stoll rät Anfängern, die mit dem Streak-Running beginnen wollen: täglich eine halbe Stunde bei einem Puls von 130. Die Kraft zum DurchhaltenAber das Problem ist ja immer noch die Motivation zum Durchhalten. "Menschen, deren Ziel es ist, regelmäßig zu laufen, sollten eine Bindung zum Laufen entwickeln, also Ankerpunkte finden", rät Dransmann. "Ein Hochgefühl wie das Runners High zum Beispiel bindet unheimlich und kann sich bei Anfängern auch schon nach kurzer Zeit einstellen. Diese Ankerpunkte und Hochgefühle sind jedoch sehr individuell." Stoll rät dazu, regelmäßig zwischen den Strecken zu wechseln, mal im Wald zu laufen, mal auf Asphalt, damit keine Langeweile aufkommt. Gemeinsam mit anderen zu laufen, sei hilfreich, rät Froböse. Und: "Rede darüber." Denn wer dann nach seinen Lauf-Erlebnissen gefragt wird, will eine gute Antwort geben können. Darüber hinaus sei es wichtig, sich Ziele zu setzen, sagt Froböse. Nach sechs bis acht Wochen ein tieferes Tal der Motivation zu erreichen, sei normal. Für diese Zeit sollten sich Läufer schon vorher ein Ziel setzen, zum Beispiel eine bestimmte Kilometerzahl. Wenn die erreicht ist, sollten sich die Läufer belohnen und sich wieder ein neues Ziel setzen.

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