"Nutzlose Pseudo-Pillen"

Homöopathie: Kassenarzt-Chef fordert Erstattungsverbot

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung beklagt einen Missbrauch des Solidarsystems.

"Kügelchen" sind bei Patienten beliebt, ihre Wirksamkeit ist jedoch nicht nachgewiesen. | © Pixabay

06.09.2019 | 06.09.2019, 11:40

Osnabrück (KNA). Kassenarzt-Chef Andreas Gassen hat den Druck auf Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erhöht, die Kassenfinanzierung homöopathischer Mittel zu stoppen.

"Wenn Eltern darum ringen müssen, dass Krebsmedikamente für ihre Kinder erstattet werden, und die Kassen gleichzeitig viel Geld für nutzlose Pseudo-Pillen ausgeben, geht das nicht zusammen", sagte Gassen der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Wir brauchen ein gesetzliches Erstattungsverbot für Homöopathie", so der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Spahn und die Gesundheitspolitiker im Parlament müssten in dieser Frage Farbe bekennen. "Die solidarisch finanzierte Krankenversicherung darf dafür nicht länger missbraucht werden." In Frankreich sollen homöopathische Arzneimittel ab 2021 nicht mehr von der Kasse erstattet werden.

Kosten von jährlich 70 Millionen Euro

Die Homöopathie, die mit Milliardstel-Verdünnung von vermeintlich wirksamen Substanzen arbeite, habe es nach wissenschaftlichen Standards nicht geschafft, irgendeinen Nutzen nachzuweisen, begründete der KBV-Chef seine Forderung. Homöopathische Mittel stehen deswegen auch nicht im gesetzlichen Leistungskatalog. "Solange sich der Gesetzgeber einen schlanken Fuß macht und es den Kassen ermöglicht, Homöopathie durch die Hintertür zu erstatten, werden sie das tun, sonst verlieren sie ihre Kunden", sagte Gassen.

Nach Angaben der KBV kostet die Erstattung von Homöopathie die Allgemeinheit der Beitragszahler jährlich rund 70 Millionen Euro. Gassen untermauerte seine Position mit eindringlichen Worten: "Die Mittel sind begrenzt. Auf der einen Seite gibt es extrem harte Maßstäbe für die Bewilligung von Therapien für lebensbedrohlich kranke Menschen. Auf der anderen Seite wird Geld rausgeworfen. Für mich als Arzt ist das unerträglich." Wenn Patienten an die Wirkung von Homöopathie glaubten, "dann müssen sie es selber zahlen", so der Kassenarzt-Chef.