Im Clinch über drastische Sprache wegen Headliner 187 Strassenbande

Paderborn. Auf den Plakaten des AStA-Festivals steht "187 Strassenbande" ganz oben. Die Hamburger Rapper sollen als Headliner am 17. Mai für einen vollen Campus sorgen. Bereits im Vorfeld entfachten die Musiker allerdings eine hitzige Diskussion an der Universität mit Textzeilen wie: "Und bevor die Polizei alarmiert wird/ Hast du kleine Fotze eine Salve kassiert/ Rennst du zu deinem Onkel, wird's zu heiß in der Küche/ Komm Eins gegen Eins und ich reiß? dich in Stücke/ Jungs an meinem Tisch, keiner, der aussagt/ Die Frau, die ich ficke, ist ein 90er Baujahr/ Und weil ich so Erfolg bei den Fraun hab/ Ist Putzen und Blasen für heute ihr Auftrag" (aus dem Lied "10 Jahre"). Ihren Anfang nahm die Kontroverse vor wenigen Wochen in den sozialen Medien. Es folgten Online-Petitionen für und wider, zahlreiche Stellungnahmen wurden veröffentlicht. Daraufhin setzten AStA und Uni-Präsidentin Birgitt Riegraf eine Podiumsdiskussion an. Einen Hörsaal mit 450 Plätzen zumindest hat die Gruppe also am Mittwoch bereits gefüllt. Unter anderem sollte es um die Kunst gehen. Wohl eigens zu deren Definition eingeladen war Wilfried Hagebölling. Der Künstler startete zwar, die Grenzen des Begriffs zu ertasten ("Kunst kann Ordnung, Sauberkeit und Anstand nicht gebrauchen"), relativierte dann aber: "Nicht alles, was gerappt wird, ist Kunst." Sarah Schauberger vom musikwissenschaftlichen Seminar Detmold/Paderborn wollte die Texte der Strassenbande weder als Kunst noch als Provokation benannt wissen: "Gewalt gegen Frauen ist Realität und das verhärtet die Realität." Der Text betreffe nicht jeden und "soll nicht alle Frauen beleidigen", so der halbherzige Versuch eines Studenten, die umstrittenen Zeilen zu verteidigen. Das Plenum antwortete vielstimmig: "Doch!" Texte seien inakzeptabel Zustimmung auf dem Podium. "Die Texte sind inakzeptabel und nur schwer ertragbar", konstatierte Uni-Präsidentin Riegraf, "wir suchen nach einem adäquaten Umgang". Den Auftritt zu untersagen, wie von knapp 1.300 Menschen in einer Online-Petition gefordert, komme für sie aber nicht infrage: "Ich würde es gerne verbieten, aber das bringt nichts." Auch für die Organisatoren vom AStA ist das Streichen des Headliners keine Option. "Wir haben ein Riesen-Fass aufgemacht, mit einer Absage würden wir ein noch größeres Fass aufmachen, denn die 15.000 Leute, die kommen, regen sich auf", erklärte Dominik Nöser, Festival-Referent des AStA. Das sei der Blick durch die Veranstalterbrille, gab er zu. Der Co-Headliner werde auf jeden Fall jemand sein, "der die Sache entschärft", so Nöser. Schauberger dürfte das bezweifeln. Sexismus finde nicht nur im "Gangsterrap" statt, sondern sei ein "genre- und jahrhunderteübergreifendes" Phänomen. Das gesamte Line-up des Festivals spiegele das wider - unter all den Musikern sind nur zwei Frauen. Das Sommerfestival wird von der Studierendenschaft, beziehungsweise deren Vertretern, selbst organisiert. Rund 15.000 Besucher, günstige Bier- und Ticketpreise - Diskussionsteilnehmer Julius Erdmann (AStA-Vorsitzender und Enkel von Wilfried Hagebölling) unterstrich die "schlechte Ausgangssituation" für die Veranstalter, da müsse an Musikern genommen werden, was zu bekommen sei. Zukünftig werde sich das jedoch ändern müssen, kündigte er an. Beate Flath, Juniorprofessorin im Bereich Eventmanagement, riet zu Mut, das Festival "neu, anders zu denken". Fehlende politische Haltung Nur wenige verließen den Hörsaal G zufrieden. Zuhörerin Anna-Lena Berscheid (wissenschaftliche Mitarbeiterin, Soziologie) warf dem Organ im Anschluss "Profillosigkeit" vor: "Der AStA hat nicht eingesehen, dass die Texte problematisch sind - von der fehlenden politischen Haltung bin ich entsetzt." Maryam Momen Pour (Studentin der populären Musik und Medien) nannte die Diskussion "oberflächlich". Auch 187-Befürworter waren enttäuscht. "Es waren nur Leute eingeladen, die gegen die Band waren", kritisierte ein Informatikstudent, der namentlich nicht genannt werden will. Podiumsteilnehmer und Rapper Jennifer "Shay" Gegenläufer habe die Position des Gangsterrappers nicht ausgefüllt. Tatsächlich nannte sich Transmann Shay im Gespräch mit der NW "Feminist" und betonte in der Diskussion: "Für mich verliert Rap gar nichts ohne Sexismus." Es ginge beim Battle-Rap darum, den Gegner in die Wortlosigkeit zu treiben, nicht darum, "nach unten zu treten". Ein Sportstudent, der anonym bleiben möchte, dazu: "Wir haben größere Probleme als Sexismus."

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